Wenn ein Mitarbeiter aufgrund von Krankheit oder Unfall über einen längeren Zeitraum oder wiederholt abwesend ist, stellen sich für den Arbeitgeber einige Fragen: Ist es schlimm? Soll die abwesende Person ersetzt werden? Wie kann man herausfinden, ob sie eines Tages wieder arbeiten kann?
Zunächst treten die Unfallversicherung oder die Krankenversicherung und gegebenenfalls die Erwerbsausfallversicherung auf den Plan. Wenn der Mitarbeiter für längere Zeit arbeitsunfähig ist oder Gefahr läuft, arbeitsunfähig zu werden, kann der Arbeitgeber sich an einen anderen Versicherer wenden: die Invalidenversicherung (IV).
Die IV-Stelle bietet Beratungsgespräche und allgemeine Informationen zur IV an, die sich nicht auf einen konkreten Fall beziehen.
Früherkennung
In einem konkreten Fall kann die Früherkennung ein erster sinnvoller Schritt sein. Jede Person, die arbeitsunfähig ist oder Gefahr läuft, dies für längere Zeit zu sein, kann zur Früherkennung gemeldet werden oder sich selbst zur Früherkennung melden. Der Arbeitgeber gehört zu den befugten Personen, um einen kranken oder verletzten Mitarbeiter bei der IV zu melden. Das Ziel der Früherkennung ist es, zu bewerten, ob es aufgrund des Gesundheitszustands des Mitarbeiters notwendig ist, einen Leistungsantrag bei der IV zu stellen. Nach einer Früherkennungsmeldung hat die IV-Stelle 30 Tage Zeit, die Situation zu prüfen und gegebenenfalls die Person einzuladen, eine IV-Anmeldung einzureichen.
Frühintervention
Sobald eine IV-Anmeldung erfolgt ist, prüft die IV-Stelle vorläufig, ob Frühinterventionsmassnahmen angebracht sind. Diese Massnahmen sollten so schnell wie möglich gewährt werden. Ihr Ziel ist es, die Person in ihrer aktuellen Stelle zu halten, eine andere Position im selben Unternehmen zu finden oder, falls dies nicht mehr möglich ist, eine Stelle bei einem neuen Arbeitgeber zu finden. Ziel ist es, zu verhindern, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen chronisch werden.
Frühinterventionsmassnahmen werden nach Ermessen der IV-Stelle gewährt. Sie ermöglichen es, frühzeitig zu handeln, noch bevor die IV-Stelle über einen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen oder eine Rente entscheiden kann.
Zu den Frühinterventionsmassnahmen gehören beispielsweise die Anpassung des Arbeitsplatzes (z.B. Anpassung der Aufgabenbeschreibung), Unterstützung beim Arbeitsplatzerhalt oder bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, Berufsberatung, Schulungskurse zur Entwicklung neuer Fähigkeiten oder Coaching. Sie werden in enger Zusammenarbeit mit der betroffenen Person, ihrem Arbeitgeber und anderen Beteiligten wie den medizinischen Fachleuten und dem Erwerbsausfallversicherer umgesetzt.
Grundsatzentscheid
Die medizinische und rechtliche Prüfung der IV-Anmeldung erfolgt parallel zur Umsetzung der Frühinterventionsmassnahmen. Die IV-Stelle trifft innerhalb von 12 Monaten nach Einreichung der Anmeldung einen Grundsatzentscheid, der festhält, ob die versicherte Person Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen hat, ob ein Rentenanspruch geprüft werden sollte oder ob die versicherte Person keinen Anspruch auf IV-Leistungen hat.
Eingliederungsmassnahmen
Zu den Eingliederungsmassnahmen gehören zwei Leistungen, die direkt zur beruflichen Eingliederung gehören:
- Integrationsmassnahmen: Diese zielen insbesondere darauf ab, die Person wieder an die Arbeit zu gewöhnen und ihre Anwesenheitsrate und Leistung allmählich zu steigern. Sie können auf dem ersten Arbeitsmarkt oder in einer Partnereinrichtung der IV stattfinden. Sie sind eine Brücke zu beruflichen Massnahmen oder im besten Fall direkt zu einer Anstellung.
- Berufliche Massnahmen: Ihr Ziel ist es, das Erwerbspotenzial wiederherzustellen, aufrechtzuerhalten oder zu verbessern. Dies kann eine berufliche Neuorientierung oder Umschulung erfordern, wenn ein Berufswechsel notwendig ist, oder Unterstützung bei der Suche nach einer geeigneten Arbeit.
Die berufliche Eingliederung der IV als Unterstützung für Unternehmen
Anreize für Arbeitgebende, die gesundheitlich beeinträchtigte Personen aufnehmen
Ein manchmal wenig bekannter Aspekt der IV und doch so wichtig ist die Rolle, die sie im Bereich der Personalvermittlung spielt. Ob es darum geht, eine Person in der Eingliederung zu begleiten, Personal zu finden oder einen Ausbildungsplatz zu besetzen: Die IV-Stellen können Arbeitgebenden Kandidaten anbieten, deren Fähigkeiten und Motivation sie zuvor bewertet haben. Indem sie Menschen, die gesundheitlich beeinträchtigt waren oder sind, eine Chance geben, können Unternehmen eine Vielzahl von Vorteilen nutzen:
- Eine finanzielle Unterstützung bei der Wiedereingliederung in das Unternehmen.
- Eine Entschädigung während der betrieblichen Umschulung, wenn weiterhin Bedarf nach Begleitung und Unterstützung besteht.
- Ein Probearbeitsplatz ohne Arbeitsvertrag mit einer maximalen Dauer von 180 Tagen, in der die IV die versicherte Person direkt in Form von Taggeldern vergütet.
- Eine Einarbeitungszulage von höchstens 180 Tagen bei Anstellung (abhängig von der Leistung der Person während der Einarbeitungszeit werden Lohnkosten samt Sozialversicherungsbeiträgen teilweise oder vollständig übernommen).
- Eine Entschädigung im Falle einer erneuten Arbeitsunfähigkeit, um eine potenzielle Erhöhung der Beiträge für die berufliche Vorsorge oder die Krankentaggeldversicherung auszugleichen.
- Beratung, Unterstützung und Begleitung vor, während und nach der Eingliederung.
- IV-Unfalldeckung bei IV-Massnahmen ohne Arbeitsvertrag.
Was passiert, wenn die Person ihre volle Erwerbsfähigkeit nicht wiedererlangt?
In diesem Fall wird die IV-Stelle über die Gewährung einer Invalidenrente entscheiden, sobald der Invaliditätsgrad mindestens 40% beträgt. Gegebenenfalls kann die IV-Rente durch eine Rente der Unfallversicherung oder der beruflichen Vorsorge sowie durch Ergänzungsleistungen (EL) ergänzt werden.
Gemeinsam sind wir stark
Ob im Rahmen der Frühinterventionsphase, der Integrationsmassnahmen oder der beruflichen Massnahmen: Die Zusammenarbeit mit Arbeitgebenden, der Erwerbsausfallversicherung, dem medizinischen Personal, Bildungseinrichtungen, den IV-Partnern und anderen Interessengruppen ist ein Schlüssel zum Erfolg. Zu den Kooperationsinstrumenten gehören Koordinationssitzungen, Case Management, Gespräche am runden Tisch, bilaterale Gespräche sowie die interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) mit den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) und Sozialdiensten.
Gut zu wissen
Die IV berücksichtigt alle Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich auf die Erwerbsfähigkeit der versicherten Personen auswirken können. Dies können körperliche, psychische oder geistige Beeinträchtigungen aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit sein.
Abgrenzung zur Unfallversicherung (UVG)
Bei der Gewährung von Renten hat die IV Vorrang. Die Unfallversicherung (UVG) kann ebenfalls eine Rente gewähren, ebenso wie die berufliche Vorsorge (LPP). Nach einem Unfall werden Taggelder zunächst von der UVG übernommen. Die IV übernimmt, sobald Eingliederungsmassnahmen gewährt werden, die Anspruch auf ein IV-Taggeld geben. Die medizinischen Behandlungskosten werden vom UVG-Versicherer getragen, bis der medizinische Zustand als stabil erachtet wird. Danach tritt die Krankenversicherung (KVG) in Kraft.
Take Aways
- Im Rahmen der Früherkennung erfolgt eine niederschwellige Meldung an die IV-Stelle, wenn ein Mitarbeiter aus langanhaltenden oder wiederholten gesundheitlichen Gründen abwesend ist.
- Die IV-Stelle beurteilt daraufhin, ob eine IV-Anmeldung angezeigt ist, und ergreift nach erfolgter Anmeldung Massnahmen der Frühintervention. Währenddessen werden der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen und allenfalls eine Rente geprüft.
- Die IV-Stelle ist Anlaufstelle für Unternehmen und betroffene Mitarbeitende. Sie koordiniert die in die Eingliederung involvierten Stellen und agiert auch als Personalvermittlerin.
- Arbeitgebende können im Rahmen von Eingliederungsmassnahmen finanzielle Anreize erhalten.