Schutz für Angestellte beim Konkurs des Arbeitgebenden

Freitag, 28. Juni 2024 - Kurt Häcki
Geht ein Unternehmen Konkurs, fehlt auch die Liquidität, um die Löhne zu bezahlen. Stehen die Angestellten somit mit abgesägten Hosenbeinen da? Nein, dank der Arbeitslosenversicherung stehen sie nicht vor dem finanziellen Aus.

Die Firma Totentanz GmbH hat im Juni 2024 Konkurs angemeldet. In den entsprechenden Zeitungsartikeln fehlen leider die wichtigen Informationen zu den Sozialversicherungen. Mit diesem Artikel sollen die wesentlichen Schritte für die betroffenen Arbeitnehmenden widergegeben werden.

Lohnforderungen

Die Arbeitnehmenden müssen alle ihre Forderungen bis zum theoretischen Ende des Arbeitsverhältnisses (Lohnansprüche, Anspruch auf den 13. Monatslohn, Gratifikation, Ferienansprüche, Überstunden, Spesen, etc.) beim Arbeitgebenden und beim Konkursamt (Kanton, in dem die Firma ihren Sitz hatte) geltend machen. Die Frist für die Forderungseingabe beim Konkursamt wird im Schweizerischen Handelsamtsblatt oder im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht. Das zuständige Konkursamt gibt Auskunft über das Vorgehen und die einzureichenden Unterlagen.

Insolvenzentschädigung

Bei der öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons, in dem der Konkurs des Arbeitgebenden eingeleitet wurde, müssen die Arbeitnehmenden den Antrag auf Insolvenzentschädigung innerhalb von 60 Tagen nach dem Konkurs einreichen und die notwendigen Unterlagen beilegen (Kopie der Forderungseingabe beim Konkursamt, Kopie des Arbeitsvertrags, letzte Lohnbelege, etc.). Die Insolvenzentschädigung deckt keine Forderungen ab,

  • die beim Konkursamt nicht geltend gemacht wurden,
  • die den Betrag von zurzeit 12350 Franken übersteigen (entspricht dem UVG-Höchstlohn)
  • und die weiter als vier Monate zurückliegen.

Die Insolvenzentschädigung wird in zwei Teilen ausgerichtet. Die Arbeitnehmenden erhalten zuerst eine Teilzahlung von 70% und mit der Schlussabrechnung nach dem Abschluss des Konkurses den Rest der Insolvenzentschädigung. Bei der Schlussabrechnung zieht die öffentliche Arbeitslosenkasse die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge ab (Überweisung an die zuständige Sozialversicherung).

Mitglieder des obersten Entscheidungsgremiums der Firma oder an ihr finanziell beteiligte Arbeitnehmende haben keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung. Vom Anspruch ausgeschlossen wären ebenfalls mitarbeitende Ehepartner.

Arbeitslosenentschädigung

Wenn ein Arbeitnehmender unmittelbar nach dem Konkurs keine neue Arbeitsstelle hat, soll er bei einer Arbeitslosenkasse seiner Wahl den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung stellen und sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zur Arbeitsvermittlung anmelden.

Wäre eine Arbeitnehmende Grenzgängerin (Wohnsitz im Ausland, Arbeitnehmertätigkeit in der Schweiz), dann müsste sie sich in ihrem Wohnsitzstaat, nach dessen Bestimmungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigungen anmelden.

Berufliche Vorsorge

Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben die Arbeitnehmenden Anspruch auf die Freizügigkeitsleistung. Wenn er ohne neues Arbeitsverhältnis ist, muss er seiner Pensionskasse mitteilen, ob die Freizügigkeitsleistung auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice überwiesen werden soll. Wenn er seiner Pensionskasse nichts sagt, wird diese die Freizügigkeitsleistung frühestens sechs Monate, spätestens aber zwei Jahre nach dem Freizügigkeitsfall an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG überweisen.

Wenn eine Arbeitnehmende Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat, untersteht sie der beruflichen Vorsorge von arbeitslosen Personen (Annahme: ihr versicherter Verdienst ist höher als die Einstiegsschwelle). Diese deckt die Risiken Tod und Invalidität ab. Die Kosten tragen einerseits die Arbeitslosenversicherung und andererseits die versicherte Person. Sie kann aber auch bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG die berufliche Vorsorge auf eigene Kosten weiterführen. Trifft dies zu, dann entfällt die Unterstellung unter die berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen.

Obligatorische Unfallversicherung

Die Versicherungsdeckung endet mit dem Wegfall des Anspruchs auf mindestens den halben Lohn. Die Nachdeckung von 31 Tagen läuft, unbesehen von der Tatsache, ob eine Abredeversicherung abgeschlossen wurde oder nicht. Innerhalb der Nachdeckungsfrist müssen die Arbeitnehmenden mit dem Unfallversicherer des konkursiten Arbeitgebenden Kontakt aufnehmen, wenn sie die sechsmonatige Abredeversicherung abschliessen wollen.

Wenn eine versicherte Person Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezieht, untersteht sie der obligatorischen Unfallversicherung für arbeitslose Personen. Der Abschluss der Abredeversicherung erübrigt sich in dieser Zeit. Erst innerhalb von 31 Tagen nach dem Ende des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung stellt sich wieder die Frage nach der Abredeversicherung.

AHV/IV

Wenn eine versicherte Person keine Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezieht, sollte sie mit der AHV-Ausgleichskasse Kontakt aufnehmen, um die Frage der Beitragspflicht als Nichterwerbstätiger zu klären. Die Frage der Beitragspflicht bezieht sich auch auf den nicht erwerbstätigen Ehepartner. Die AHV-Ausgleichskasse prüft pro Kalenderjahr, ob die Beitragspflicht anteilsmässig oder vollständig erfüllt wird.

Mit dem Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung wird die Beitragspflicht an die AHV/IV/EO erfüllt. Erst mit dem Ende der Bezugsmöglichkeiten und ohne neue Arbeitsstelle ist die Beitragspflicht erneut mit der AHV-Ausgleichskasse zu prüfen.

Familienzulagen

Die Familienzulagen gelten nicht als Teil des massgebenden Lohns. Sie werden deshalb nicht durch die Insolvenzentschädigung gedeckt. Nicht ausgerichtete Familienzulagen müssen die Arbeitnehmenden direkt bei der Familienausgleichskasse des konkursiten Arbeitgebers geltend machen. Dies gilt auch für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nach dem Konkursdatum. Die Familienzulagen werden für diese Zeit direkt an den Arbeitnehmenden ausbezahlt. Erst mit dem Ende dieses Anspruchs erfolgt die Zahlung der Familienzulagen durch die Arbeitslosenkasse, sofern der Anspruch auf Taggelder gegeben ist.

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