Kommentar zum Thema Metaversum: Immersiv oder invasiv?
Ganz ehrlich: Wer würde ernsthaft ein Unternehmensnetzwerk einer Facebook-Plattform ausliefern?
Die Umbenennung des Facebook-Konzerns zu Meta symbolisiert abseits von Marc Zuckerbergs blumigen Ausführungen zum Thema vor allem eins: Einen neuerlichen Technologiesprung. Die Vision einer neuartigen virtuellen Arbeitswelt spielt dabei eine zentrale Rolle, wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich mit virtuellen Plattform-Technologien Geschäftskunden erreichen lassen – ein Umfeld, in dem Facebook nur über Werbemöglichkeiten im sozialen Netz vertreten ist, während Google mit seinem Portfolio diversifizierter Anwendungen und Microsoft mit seinen Produktivitätsprogrammen wie Windows, Office oder Teams Platzhirsch im Bereich der Business-Anwendungen ist, ganz zu schweigen von den Cloud-Diensten dieser Veteranen.
Meta sieht in der Arbeit auf Distanz eine bleibende, nachhaltige Entwicklung. Deren Nachteile wie soziale Isolation vom Team oder Konzentrationsstörungen aufgrund von Ablenkungen im heimischen Umfeld will man mit neuartigen Technologien begegnen. Meta spricht davon, dass sich «die Art und Weise, wie wir arbeiten, bereits in einigen Jahren dank des Metaversums grundlegend verändert haben wird.»
Zwischenmenschliche Interaktionen im virtuellen Raum vermitteln ein starkes Präsenzgefühl, weil Akteure komplett mit ihrer Wahrnehmung, mit Gesten und anderen Bewegungen in diesen Raum hineingezogen (immergiert) werden.
Mit einem VR-Headset werden Mitarbeitende in Zukunft Zugriff auf das Unternehmensnetzwerk haben. Es wird problemlos möglich sein, zwischen privaten Anwendungen und Unternehmens-Applikationen zu wechseln, ohne dass die technische Ausrüstung abgelegt werden muss. Im virtuellen Raum können Kollaborationsapps in der Gruppe genutzt werden; man kann Emails schreiben, Telefonate führen oder Meetings abhalten. Am virtuellen Arbeitsplatz sehen die Teammitglieder auch, wer sonst noch im «Büro» ist und wer nicht. Es gibt immer Gelegenheit zum spontanen Austausch.
Zur Entspannung verabredet sich das Team auf eine Runde Golf, oder man kegelt gemeinsam oder gegen ein anderes Team. Produkte lassen sich anschaulich präsentieren, die wichtigsten Kennzahlen werden auf einer virtuellen Pinnwand präsentiert; man kann Seminare veranstalten und neue Menschen kennenlernen.
Personalverantwortliche verabreden sich mit ihren Mitarbeitenden für Gespräche, laden zu Bewerbungsgesprächen ein oder unterstützen das Onboarding mit vorbereiteten virtuellen Einführungen zu Räumlichkeiten, Soft- und Hardware-Anwendungen oder Prozeduren sowie mit virtuellen Mitarbeitervorstellungen.
Visionen selbst liefern in der Regel keine Antworten auf Detailfragen. Die technischen Entwicklungen sind noch immer am Anfang. Facebook kaufte 2014 das Unternehmen Oculus, das auf VR-Headsets wie Rift oder Quest spezialisiert ist, die vor allem im Online-Gaming eingesetzt werden. Das Unternehmen launchte inzwischen eine Oculus-Entwicklerplattform, auf der Apps für Oculus entwickelt werden können. Die ersten sogenannten 2D-Business-Anwendungen – das ist Software, die auf herkömmlichen PCs oder mobilen Endgeräten läuft – werden derzeit als virtuelle Apps(3D) angeboten, beispielsweise Dropbox, Instagram oder Slack. Darüber hinaus gibt es allerdings noch eine Reihe weiterer Technologien, die VR-Erfahrungen ermöglichen sollen:
Im August stellte Facebook/Meta Horizon Workrooms in einer Betaversion vor. Geplant ist, Horizon Workrooms 2023 zu launchen und zu vermarkten. Diese Anwendung ist eine Kombination verschiedener neuer Technologien, die unter Quest 2 läuft. Mit diesen neuen Funktionen will Meta «neue Produktivitätserlebnisse schaffen»:
Mixed-Reality-Tisch und Tastatur-Tracking: Schreibtisch, Computer und Tastatur können in die virtuelle Umgebung «mitgenommen» und auf dem virtuellen Besprechungstisch «abgelegt» werden. In Kombination einer Oculus Remote Desktop-Begleitapplikation für Mac und Windows hat man Zugriff auf den Computer in der VR. Man kann während der Besprechungen Notizen machen, Dateien in die VR mitnehmen oder den Bildschirm mit der Besprechungsrunde teilen (Streaming).
Oculus-Avatare bieten verschiedene Anpassungsmöglichkeiten an, um die virtuelle Repräsentanz ihrer Besitzer zu optimieren. Die Konversation soll mit Spatial-Audio, also räumlichem Sound, möglichst lebensecht werden.
Virtuelle Arbeitsräume: In jedem Raum in Workrooms gibt es unendliche Whiteboards, auf denen in Echtzeit skizziert werden kann. Man kann auch Bilder vom Computer an das Whiteboard heften und markieren. Dafür werden derzeit noch Controller oder Digitale Stifte benötigt. Eine andere Möglichkeit ist das Hand-Tracking, eine Technologie, mit der kleinste Gesten erkennbar werden. Die Whiteboards bleiben in Workrooms erhalten, sodass man jederzeit im selben Raum weiterarbeiten kann. Jedes Whiteboard kann aus der VR auf den Computer exportiert werden. Für jede Aufgabe lässt sich ein eigener Arbeitsraum mit verschiedenen Tools und Sitzordnungen zusammenstellen.
Meta versteht sich allerdings nicht nur als Anbieter fertiger virtueller Anwendungen, sondern möchte eine Plattform zur Verfügung stellen, an der andere Software-Anbieter andocken können. Angekündigt wurde die Presence Plattform, eine Sammlung von Funktionen für maschinelle Wahrnehmung und künstliche Intelligenz. Damit sollen App-Entwickler realistischere Mixed-Reality-, Interaktions- und Spracherlebnisse erstellen können. Entwickler-Tools gibt es zudem für Handinteraktionen und Stimmerkennung.
Horizon Workrooms kann in der Betaphase getestet werden. Mehr Informationen
Ganz ehrlich: Wer würde ernsthaft ein Unternehmensnetzwerk einer Facebook-Plattform ausliefern?
Im Bereich HR wird oft mit Erfahrungswerten aus langjähriger Arbeit oder schlicht dem Bauchgefühl argumentiert. Das aber kann täuschen und auf jeden Fall davon profitieren, dass man es mit fundierten empirischen Daten abgleicht. Dabei kann das Internet helfen. Mit ein paar Kniffen kann man sich auch als Nicht-Wissenschaftler einen schnellen Überblick über Studienergebnisse verschaffen.
vps.epas | Postfach | CH-6002 Luzern | Tel. +41 41 317 07 07 | info@vps.epas.ch