KI in vielen Tech-Startups zentral
Bei jedem vierten jungen Technologieunternehmen spielt Künstliche Intelligenz (KI) eine geschäftskritische Rolle, wie das Swiss Startup Radar zeigt.
Zwei Tage lang führte Moderator Matthias Balint, Lead Future of Work bei der Allianz SE, im 30-Minuten-Takt durch Referate zu einer Vielzahl von Themen, die heute HR-Fachleute beschäftigen: Wie kann Technologie neue Arbeitsformen unterstützen? Wie kann die Workforce der Zukunft heute prognostiziert werden? Wie können künstliche Intelligenz und Metriken dabei helfen, Talente im Unternehmen zu entwickeln? Wie kann lebenslanges Lernen im Unternehmen etabliert werden? Und schliesslich führten die Reflexionen zu diesen Themen auch immer zu Überlegungen zur Rolle der HR-Manager in Zeiten der technologischen und kulturellen Transformation.
Die Lizenz zu führen bei Allianz
Der Rolle des HR bei der Entwicklung neuer Führungskompetenzen widmete sich die Eröffnungskeynote von Laura Marsi, Head of HR-Strategy and Transformation bei Allianz Technology. Vor der Pandemie wurden bei der Allianz Kollaborationstools eher selten eingesetzt, obwohl die Digitalisierungsroadmap bereits definiert war. Dass neue Führungskompetenzen angesichts der für Unternehmen relevanten Megatrends (siehe Grafik) gefordert sind, scheint aktueller Common Sense zu sein. Ein intensiver Einsatz digitaler Kommunikationstools fordert beispielsweise ein damit unerfahrenes Management auf neue Art, wenn es darum geht, Kultur und soziale Verbundenheit innerhalb des Unternehmens den eigenen Mitarbeitenden und externen Jobkandidaten zu vermitteln – Stichwort «emotionale Intelligenz». Zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Managementkultur wurde bei der Allianz eine Initiative unter dem Titel #Lead gelauncht,
in der vier Kernkompetenzen auf der Agenda stehen, nämlich Aufgeschlossenheit, Flexibilität, Wir-Einstellung und Resilienz. Damit sollte ein Dialog mit dem Management angeschoben werden, so Marsi. In der Vergangenheit habe jede Business-Unit der Allianz eigene Management-Fortbildungsprogramme gepflegt, auch wenn es übergeordnete Leitlinien gegeben habe. Mit der neuen Initiative sei zum ersten Mal ein Standard für alle Führungskräfte des Unternehmens gesetzt worden. Damit verbunden sei ein sogenannter «Leadership Passport», eine Lizenz für Führungskräfte, die regelmässig erneuert werden müsse. Dies funktioniere über ein Punktesystem. Lernpunkte müsse man sich regelmässig auf einer virtuellen Lernplattform erarbeiten, die
mit unterschiedlichen E-Learning-Methoden und Gamification-Elementen ausgestattet sei.
Diese Umsetzung mag fragwürdig erscheinen, erinnert sie doch eher an ein Kontrollsystem und lässt sie zudem auch förderliche gruppendynamische Effekte für Lernerfahrungen dem ersten Anschein nach vermissen. Marsi führte aus, dass die virtuelle Plattform nicht das vollständige Konzept repräsentiere; sie ist eigentlich als Ergänzung zu Coachings und Seminaren mit Trainern und in gemischten Gruppen gedacht. Aufgrund der Pandemie konnte dies bislang nicht umgesetzt werden.
Zudem vermittelte die aufwendig gestaltete Learning-Plattform, gemessen an den im Referat formulierten Ansprüchen, nicht den Eindruck einer agilen Herangehensweise, selbst wenn diese gemäss Marsi im Projekt selbst gepflegt wurde. Allerdings lässt ein virtuelles digitales Konstrukt in dieser Grössenordnung agile Elemente von Prototyping, Iteration und Dialog mit der Zielgruppe vermissen, vor allem, wenn die Partizipation der Mitarbeiter quasi zwingend vorausgesetzt wird. Nun liesse sich auch der bereits erfolgte Launch als Prototyp betrachten: Ob Virtualisierung und Gamification als didaktische Ansätze sowie die Inhalte für alle Management-Level adäquat sind, lässt sich nur durch Praxiserfahrung testen. Es könnte spannend sein, im nächsten Jahr bei der Rethink! HR Tech Europe 2021 ein Update zur Initiative #Lead zu hören.
Die Rolle des HR bei der Entwicklung von Führungskompetenzen liesse sich anhand dieses Vortrags durchaus problematisieren. Es bleiben Fragen: Wie kann adäquat auf die Kompetenzentwicklung von meist starken Führungspersönlichkeiten eingewirkt werden? Welche Rolle spielt der Auswahlprozess bei der Einstellung von Führungskräften? Wie kann eine dialogorientierte Steuerung von Fortbildungsinitiativen die Unternehmensstrategie unterstützen? Welche Unternehmenskultur unterstützt lebenslanges Lernen?
Einige dieser Fragen nahm als Referent Benedikt Füssel auf, Deputy Director General Human Resources bei der Deutschen Bundesbank. Er erläuterte die unterstützende Funktion der HR-Abteilung für die Führungskräfte, die vor allem in einer Zeit, in der sich die Unternehmenskultur aufgrund veränderter Arbeitsweisen wandele, notwendig sei. Die Organisation der Deutschen Bundesbank mit 11 000 Mitarbeitenden zeige noch viele Merkmale einer tradierten bürokratischen Organisation mit Präsenzkultur, Hierarchie, langlebigen Arbeitsverhältnissen und langen, detaillierten Memos. Gleichzeitig sei die Belegschaft hoch qualifiziert und identifiziere sich stark mit dem Unternehmen und seinem öffentlichen Auftrag in Deutschland. In der Remote-Situation hätten sich die Führungskräfte der Deutschen Bundesbank schnell umgestellt auf neue Anforderungen, vor allem hinsichtlich Kommunikation, Ergebnisorientierung und Beziehungsmanagement in der virtuellen Kommunikation, führte Füssel aus. Remote Work sei heutzutage auch keine brandneue Entwicklung. Seit Jahren würden Führungskräfte auf der ganzen Welt in Remote-Szenarien arbeiten, so dass man von früheren Erfahrungen lernen könne. Wenn sich eine Kultur oder Umstände verändern würden, beginne jedoch eine Teamdynamik zu wirken, und die Leistungsfähigkeit sinke, bis wieder alle Teammitglieder ihre Position gefunden hätten und sich das Leistungsniveau erhole. In solchen Phasen seien Führungskräfte zusätzlich gefordert. Das HR bei der Deutschen Bundesbank unterstütze Manager beim Erlernen von Führungsfähigkeiten mit auf verschiedene Führungsspannen zugeschnittenen gemischten Lernangeboten. Darüber hinaus existiere eine Art «Werkzeugkasten» für Führungskräfte mit Tipps-Handouts, Online-Trainings, Umfragetools, Collaboration-Tools sowie einer Coaching-Hotline und Formaten für Peer-Austausch.
Im Gegensatz zu der im Marsi-Referat geschilderten Strategie der Allianz SE stehen hier offenkundig weder emotionale Intelligenz noch New Work ganz oben auf der Tagesordnung der HR-Abteilung, auch wenn Veränderungen in der Arbeitswelt ebenso antizipiert werden, wie dies bei der Allianz der Fall ist. Der Unterschied zwischen den Ansätzen der beiden Unternehmen lässt sich in zwei Punkten erkennen: Bei der Deutschen Bundesbank wird auf Identifikation mit dem Unternehmen (Purpose) und die Fähigkeit von hoch qualifizierten leitenden Mitarbeitenden, sich auf neue Situationen einzustellen, vertraut. Eine Lizenz zum Führen wird in einer Unternehmenskultur der Augenhöhe eben nicht mit Gamification verdient.
Die Fachvorträge (nur für registrierte Besucher) sind auf der Website des Veranstalters on demand verfügbar (rethink-hrtech.com). Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet vom 29. bis 30. November 2021 virtuell und als Präsenz-Event in Berlin statt.
Bei jedem vierten jungen Technologieunternehmen spielt Künstliche Intelligenz (KI) eine geschäftskritische Rolle, wie das Swiss Startup Radar zeigt.
Gesundheitsfachleute sollen rascher als geplant zum Führen eines elektronischen Patientendossiers verpflichtet werden. Das fordert die zuständige Nationalratskommission. Sie will damit die Verbreitung und den Nutzen des E-Patientendossiers verstärken.
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