Generative KI bei der Arbeit - Status Schweiz

Montag, 03. März 2025 - Karen Heidl
Eine neue Studie untersucht die Nutzung von generativer KI in der Schweiz aus verschiedenen Perspektiven. Sie zeigt: Die Schweizer Arbeitswelt ist offen für KI.

Ende Februar präsentierte das Institut für Angewandte Psychologie IAP der ZHAW die vorläufigen Ergebnisse der neusten Studie 2024. Die Studienreihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0» untersucht seit 2017 die aktuellen Veränderungen in der Arbeitswelt. Der Fokus dieser Studien liegt darauf, wie Menschen Veränderungen adaptieren. Im Jahr 2024 haben sich die Wissenschaftlerinnen mit den Auswirkungen der generativen KI in der Schweizer Arbeitswelt befasst. Die Online-Umfrage wurde im Herbst 2024 mit 426 Teilnehmenden durchgeführt. 57% der Teilnehmenden nehmen Führungsaufgaben wahr. 38% der Befragten arbeiten für KMU, 62% für Grossunternehmen. Die Umfrage untersuchte das Nutzungsverhalten, die individuelle, die Organisations- und Teamperspektive und schliesslich die Zukunftserwartungen derjenigen Studienteilnehmenden, die angaben, KI einzusetzen. Von dieser Gruppe der KI-Nutzenden haben 75% einen Fachhochschulabschluss. Dies sei überdurchschnittlich, erläuterte Dr. Julia Kornfeind in ihrer Präsentation mit einem Ausblick auf die Studienergebnisse, die im April offiziell publiziert werden. Im Durchschnitt liege die Zahl der Berufstätigen mit Fachhochschulabschluss in der Schweiz normalerweise bei 30%. Dies gilt es bei der Betrachtung der Ergebnisse im Auge zu halten.   

Nutzungsverhalten 

Von den Befragten verwenden 38% generative KI hauptsächlich beruflich, 34% nutzen sie beruflich und privat gleichermassen. Ein Viertel der Befragten greift auf KI mehrmals täglich bei der Arbeit zurück, 32% mehrmals pro Woche und 26% mehrmals pro Monat. Unterschiede bei der Nutzungsintensität zeigen sich zwischen den Generationen: Generation Z nutzt generative KI deutlich häufiger als die Generation X. Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich diesbezüglich nicht. Eingesetzt werden hauptsächlich kostenfreie Tools, gefolgt von KI-Anwendungen, die von den Arbeitgebenden bereitgestellt werden. Vor allem erledigen die Befragten Aufgaben wie Texterstellung, Ideenfindung und Recherche. Dabei sind sie mit den Ergebnissen überwiegend zufrieden, wobei 79% angaben, dass sie die Ergebnisse auf Korrektheit und Qualität überprüfen. Deklariert werden Texte, die mithilfe einer KI generiert werden, von rund der Hälfte der Befragten.  

Individuelle Perspektive 

Die Einschätzung des eigenen Kompetenzniveaus beim KI-Einsatz gaben 50% der Befragten mit mittel an. 23% sehen sich in einem eindeutig positiveren Licht, wobei männliche Befragte ihre Kompetenz als höher einstufen, obwohl die Anwendungshäufigkeit bei Männern und Frauen identisch ist. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Selbstbeurteilung der eigenen Kompetenzen in technischen Themen deckt sich mit anderen Studien (lesen Sie dazu auch den Artikel «Werden Frauen bei KI zurückgelassen?»). 

Die Forschenden wollten wissen, auf welche Fähigkeit es für eine kompetente Nutzung von KI ankomme. Die Befragten sehen die Fähigkeit der Qualitätsbeurteilung als zentral an (73%), gefolgt von der Formulierung präziser Prompts (63%), dem Verständnis der Funktionsweise (53%) und dem Verständnis der Sicherheitsrisiken (50%). Diese Fähigkeiten erlernt haben 94% der Nutzenden durch Learning by Doing und Austausch mit anderen (59%). Betriebsinterne Lernangebote spielen kaum eine Rolle. Dies ist allerdings nicht untypisch für Early Adopters und Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen. Die Befragten schätzen, dass durchschnittlich 20% ihrer Arbeit bereits heute mit generativer KI erledigt werden könnte. 

In weiteren Studienthemen berichten die Befragten von mehrheitlich positiven Emotionen bei der Nutzung und von leichten Verbesserungen ihrer Recherchefähigkeiten, bei der Arbeitsqualität und beim kritischen und kreativen Denken. Auch zeige sich bei Nutzung von generativer KI eine leichte Stressreduktion und eine Zunahme der Arbeitsmotivation. Bei der Stressreduktion gibt es deutliche Unterschiede zwischen den (nur) 24 Teilnehmenden in der Altersklasse 23-29 – hier geben 59% leichte und deutliche Verbesserungen an – im Vergleich zu den 157 Teilnehmenden in der Altersklasse 40-49 mit moderaten 27% positiver Einschätzung (siehe Grafik). 

Organisations- und Teamperspektive 

Die Offenheit der Unternehmen für den Einsatz von KI zeigt das Studienergebnis deutlich: 67% erlauben sie, aber nur die Hälfte der Befragten gaben an, dass die KI-Nutzung auch gefördert werde. Erwartet wird die Nutzung nur von 28% der Arbeitgebenden. Ein explizites Regelwerk zur Nutzung bestehe häufig nicht – lediglich in 32% der Fälle. Auswirkungen von generativer KI auf die Zusammenarbeit von Teams zeigen sich nach Angaben der Studienteilnehmenden kaum. Lediglich die Intensivnutzerinnen und -nutzer zeigen Werte, die darauf hindeuten, dass sie andere Personen seit der Anwendung von KI seltener um Rat fragen.  

Ein weiterer spannender Untersuchungsschwerpunkt lag auf der Frage, inwieweit der Einsatz von KI einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit einer Person habe. Zusammenfassend wird im Ergebnis beides als positiv bewertet, wenn es sich um die Erstellung von Sachtexten wie Sitzungsprotokolle oder Konzepte handelt. Einen Negativeffekt gibt es bei KI-generierten persönlichen Texten wie Mitarbeiterbeurteilungen oder Feedback. 

Blick in die Zukunft 

Die Hälfte der Studienteilnehmenden verbindet mit generativer KI positive Erwartungen für die eigene berufliche Entwicklung. Nur 8% schätzen KI als Risiko ein, 11% sehen weder einen positiven noch einen negativen Einfluss. Mit dieser positiven Zukunftsperspektive geht auch die Erwartung einer mässigen (31%), starken (40%) oder sehr starken (21%) Veränderung der eigenen Arbeit innerhalb der nächsten fünf Jahre einher. Julia Kornfeind schloss die Präsentation mit einigen Anregungen auf möglicherweise blinde Flecke in Unternehmen im Hinblick auf den Einsatz von generativer KI. Zum einen seien Sicherheitsaspekte zu reflektieren: Sie empfiehlt die Implementation eigener KI-Tools, um sensible Daten zu schützen, sowie die Erarbeitung und Kommunikation verbindlicher Richtlinien für den Umgang mit KI. Wünschenswert sei ihrer Meinung nach auch eine Deklarationspflicht für Texte, die mit KI erstellt werden. Es müsse zudem daran gearbeitet werden, den Graben zwischen Early Adopters und Nicht-Nutzerinnen und -nutzern zu verringern, indem Unternehmen Lernangebote für die Entwicklung von Fähigkeiten für eine effektive und sichere KI-Nutzung entwickeln. Risiken könnten sich auch durch erhöhten Arbeitsdruck und Reduktion des sozialen Austauschs ergeben. So empfiehlt sie, das Arbeitstempo, das sich durch KI-Nutzung verdichten könne, im Auge zu behalten, ebenso wie die Zusammenarbeit im Team, die vielleicht von KI-Tools negativ beeinflusst werden könnte. 

Quelle und Studienzusammenfassung 

Die Ausführungen basieren auf der Präsentation der IAP Studie 2024: «Generative KI bei der Arbeit» am 26.02.2025 in Zürich. Das Factsheet zur Studie kann hier heruntergeladen werden. Die ausführlichen Ergebnisse folgen im April. 

Take Aways

  • Nutzung und Verbreitung: 38% der Befragten nutzen generative KI hauptsächlich beruflich, 34% beruflich und privat gleichermassen, meist für Texterstellung, Ideenfindung und Recherche. Jüngere Generationen setzen KI häufiger ein als ältere. 
  • Kompetenz und Lernen: 50% der Befragten schätzen ihre KI-Kompetenz als mittel ein. Wichtige Fähigkeiten sind Qualitätsbeurteilung und präzise Prompts. Meist wird KI durch «Learning by Doing» erlernt. 
  • Organisation: 67% der Unternehmen erlauben KI-Nutzung, aber nur 50% fördern sie aktiv. Regelwerke zur Nutzung sind selten (32%). 
  • Auswirkungen: KI-Nutzung steigert leicht die Arbeitsmotivation und reduziert Stress, vor allem bei Jüngeren. Die Zusammenarbeit im Team wird nur von Intensivnutzenden als leicht verändert wahrgenommen. 
  • Zukunftsoptimismus herrscht vor: 50% erwarten positive Effekte für ihre Karriere. 

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