Der Taktgeber sind Sie selbst!

Donnerstag, 22. April 2021 - Markus Kamps
Erholsamer Schlaf aus dem Takt: Wenn nachts die Gedanken kreisen und Unruhe die Psyche aufwühlt, ist es Zeit, seine Gewohnheiten zu ändern. Schlafberater Markus Kamps verordnet Routinen für gesundes Schlafmanagement.

Ein häufig nicht bewusster Faktor für Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit ist erholsamer Schlaf. Der Schlaf hat Einfluss auf den Körper und die Psyche. Ein ausgeschlafener Mensch hat Energie und reagiert auf Stresssituationen gelassener. Guter Schlaf ist gekoppelt an weitere Faktoren: Bewegung, eine Erholung ermöglichende Work-Life-Balance und eine gesunde Ernährung, die Mobilität und gesunden Schlaf erst ermöglicht. Um diese insgesamt vier Säulen der Gesundheit fest zu verankern, bedarf es eines strukturierten Tagesablaufs – eines Rhythmus für einen gesunden Lebensstil.

Diesen Rhythmus passen die Menschen meistens den Anforderungen im Beruf an. Das morgendliche Aufstehen, die Pausengestaltung, Überstunden, Arbeitswegroutinen richten sich häufig nach Unternehmenserfordernissen und -kultur. Der Arbeitsplatz fungiert dabei als Taktgeber für das private Leben. Dies kann von Vorteil sein, aber auch von Nachteil. Aus dem Takt gerät beispielsweise, wer die im Homeoffice eingesparte Arbeitswegzeit nur im Bett verbringt, abends keinen Abschluss der Verfügbarkeit für das Team im Job findet oder für körperliche Betätigung auf der täglichen Velostrecke zur Arbeit keinen Ersatzsport findet. Die Folgen können Schlafstörungen, Stressempfindungen, Niedergeschlagenheit oder körperliche Beschwerden sein.

Alles beginnt mit der letzten Nacht

Wie haben Sie geschlafen? Lagen Sie wach im Bett oder sind Sie nachts mehrfach aufgestanden? Oder konnten Sie erst gar nicht einschlafen, hingen fest in Gedankenkreisen und lauschten den Schlafgeräuschen Ihres Bettnachbarn? Wie lange hat es gedauert, bis Sie aus dem Bett kamen? Eine Studie der Universität Basel zum Schlafverhalten während des Lockdowns im Homeoffice (Blume, Schmidt, Cajochen, 2020) hat gezeigt, dass Menschen im Homeoffice täglich ca. 50 Minuten länger schlafen, die Qualität des Schlafs sich jedoch verschlechtert hat. Die Autoren der Studie benutzen den Begriff des «sozialen Jetlags», mit dem der Unterschied zwischen den Schlafzeiten während der Arbeitstage zu denen an arbeitsfreien Tagen bezeichnet wird. Die Arbeit im Homeoffice scheint mehr Flexibilität zu bieten, um dieses Auseinanderklaffen zu reduzieren. Die Menschen hörten, so schlussfolgerten die Studienmacher, im Homeoffice wohl besser auf ihre biologische Uhr. Gleichwohl berichteten die Befragten, dass sich ihre Schlafqualität verschlechtert habe. Die Beanspruchung des Arbeitsplatzes als Taktgeber, aber auch ein auf Aktivität ausgerichtetes Freizeitverhalten traten im Lockdown in den Hintergrund – und trotzdem klappt es nicht mit dem Schlaf?

Gründe für zu wenig erholsamen Schlaf oder gar Schlafstörungen können sehr individuell und von vielen Faktoren abhängig sein. Allgemein ist das Zusammenspiel der vier Säulen der Gesundheit entscheidend. Trinkt man beispielsweise im Homeoffice mehr Alkohol oder raucht mehr – was beides während der Corona-Lockdowns der Fall war –, kann dies den Schlaf beeinträchtigen. Auch gehaltvolles Essen am Abend oder mangelnde Bewegung können das Gleichgewicht des Wohlbefindens durch Beeinträchtigung der Schlafqualität stören. Das Handout «Acht Tipps für das Schlafmanagement im Homeoffice» fasst die wichtigsten Tipps zusammen.

Der Taktgeber

Die Leistungsfähigkeit und psychische Gesundheit Arbeitnehmender im Homeoffice, aber auch am Arbeitsplatz selbst, können – zumindest bis zu einem gewissen Grad – der Aufmerksamkeit der Führungskräfte entgehen. Werden die Probleme eklatant, ist die Krise bereits da – mit Folgekosten. Unternehmen können im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements aus einem breiten Angebot an Webinaren, Selbsttests oder Workshop-Anbietern auswählen, um Mitarbeitenden erste Anregungen zur Selbstreflexion zu geben.

Am Arbeitsplatz selbst sollten Ruhepausen kein Tabu sein und entsprechende Möglichkeiten angeboten werden. Auch Arbeitszeiten, die den individuellen Schlafpräferenzen von Mitarbeitenden
entgegenkommen und flexibel gewählt werden können, reduzieren – wie oben bereits ausgeführt – den «sozialen Jetlag». Hiervon sind vor allem Schichtarbeitende betroffen, bei denen die
schädlichen Auswirkungen des wechselnden Schlafrhythmus auf Kreislauf, Herz und Stoffwechsel seit längerem bekannt sind. Es wurden in einigen Unternehmen mit Schichtsystemen Studien
durchgeführt, die ein Eingehen des Systems auf individuelle Schlafpräferenzen als gesundheitsförderlich analysierten.

Schlechte Kommunikationsgewohnheiten wie Delegationsmails am Freitagabend oder jobbezogene Mitteilungen nach Arbeitsende sollten in einer gesundheitsbewussten Arbeitsumgebung absolute Ausnahmen sein, um der Entgrenzung von Frei- und Arbeitszeit entgegenzuwirken. In solchen Gesundheitsfragen gut ausgebildete Führungskräfte sind Schlüsselfiguren, wenn es darum geht, Gesundheit und damit auch den erholsamen Schlaf als Wert in der Unternehmenskultur durch Vorleben zu verankern.

Studien:

Blume, Christine; Schmidt, Marlene H.; Cajochen, Christian. Effects of the COVID-19 lockdown on human sleep and rest-activity rhythms. Current Biology, 2020, 30. Jg., Nr. 14, S. R795-R797.
Rupietta, Kira; Beckmann, Michael. Arbeit im Homeoffice: Förderung der Arbeitsbereitschaft oder Einladung zum Faulenzen?.
PERSONALquarterly, 2016, 3. Jg., S. 14–19.

Take-Aways

  • Erholsamer Schlaf hängt eng zusammen
    mit Bewegung, Ernährung und Work-Life-Balance (vier Säulen der Gesundheit).
  • Am Arbeitsplatz sollten Ruhemöglichkeiten
    auch zum Schlafen angeboten werden.
  • Flexible Arbeitszeiten, in denen sich Mitarbeitende mit ihren Schlafpräferenzen
    einrichten können, unterstützen das individuelle Schlafmanagement.
  • In einer gesundheitsbewussten Arbeitsumgebung sollten Kommunikationsgewohnheiten,
    die Frei- und Arbeitszeit entgrenzen, vermieden werden.

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