Besonders ältere Sozialhilfebeziehende leiden demnach bedeutend häufiger an chronischen Erkrankungen als die gleichaltrige Restbevölkerung (63% gegenüber 29%), wie die Forschenden der Berner Fachhochschule (BFH) und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) berichten.
Auch leiden Sozialhilfebeziehende überdurchschnittlich häufig an depressiven Symptomen und nehmen mehr Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel ein und ein Grossteil gibt eine tiefe Lebensqualität an. Sie beanspruchen dementsprechend oft Gesundheitsleistungen. Hausärzte suchen sie rund doppelt und Spezialistinnen etwa viermal so häufig auf wie die Restbevölkerung und andere Personen in prekärer finanzieller Lage. Dennoch bestehe das Risiko zur Unterversorgung, teilten die BFH mit. Denn Sozialhilfebeziehende berichteten häufiger, auf notwendige medizinische Unterstützung zu verzichten.
Weniger Bewegung, häufigeres Rauchen
Ebenso zeigte sich, dass Sozialhilfebeziehende sich weniger bewegen, häufiger zu wenig Gemüse und Früchte essen und tägliches Rauchen bei ihnen doppelt so häufig vorkommt wie bei der Restbevölkerung (43% gegenüber 21%). Die Studie weist zudem darauf hin, dass sich die schlechtere Gesundheit in der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit niederschlägt: «Wer beim Eintritt in die Sozialhilfe eine schlechte Gesundheit aufweist, hat geringere Chancen wieder eine Stelle zu finden», liess sich der BFH-Forscher Dorian Kessler zitieren.
Es liess sich auch feststellen, dass es den Menschen gesundheitlich deutlich besser geht, wenn sie aus der Sozialhilfe austreten. Das könne unter anderem daran liegen, dass gewisse Lebensereignisse wie eine Scheidung sowohl zu einer Verschlechterung der Gesundheit als auch zur Sozialhilfe führten, so die Autorinnen und Autoren. Schliesslich könne sich Sozialhilfe auch etwa wegen Stigmatisierung oder Stress auf die Gesundheit niederschlagen.
Für die Studie verknüpften und analysierten die Forschenden Daten zum Gesundheitsprofil, zum Gesundheitsverlauf, zu Gesundheitsleistungen und zur Erwerbsreintegration. Je nach Indikator konnten sie so auf bis zu einer halben Million Beobachtungen über den Zeitraum zwischen 2007 und 2018 zurückgreifen. (sda)
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