Die Arbeitszufriedenheit in der Schweiz hat sich im Allgemeinen positiv entwickelt. Im Vergleich zu 2016 zeigen die im Juni 2020 erhobenen Daten verbesserte Werte bei Motivation (1.4%), Sicherheit (1.7%) und Gesundheit (1.9%).
Die Hälfte der Arbeitnehmenden befand sich während des Lockdowns im Homeoffice, für ca. die Hälfte war dies eine neue Erfahrung. Über 80% der Homeoffice-Tätigkeiten fallen auf akademische Qualifikationen. Ein Drittel der Führungskräfte arbeitete während des Lockdowns im Homeoffice. Handwerk und Produktion traf Homeoffice selten – diese Sektoren umfassen ca. 50% der Arbeitsplätze in der Schweiz.
Am Homeoffice schätzen die Beschäftigten neben der Ruhe den wegfallenden Arbeitsweg. Während 2019 noch jede oder jeder Dritte mit den Umwelteinflüssen am Arbeitsplatz unzufrieden war, ist es im Barometer 2020 jeder Vierte. Auf der Kehrseite der Medaille stehen die ständige Erreichbarkeit und ausfallende Pausen.
Grösstes Problem, so die Ergebnisse der Studie, ist der Stress. Über 40% der Befragten fühlen sich oft oder sehr häufig durch die Arbeit gestresst. Für die Mehrheit von ihnen ist das eine schwere Belastung. 40% geben an, sie hätten wenig oder keine Gestaltungsspielräume – beispielsweise bei der Arbeitszeit. Beinahe die Hälfte bezeichnet die Weiterbildungsförderung durch die Arbeitgeber als ungenügend. In der Umfrage beurteilten die Befragten ihre Arbeitsmarktmobilität: Mehr als die Hälfte der Befragten glaubten kaum an alternative Perspektiven in der Arbeitswelt.
Während der Pandemie verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen zulasten der Frauen weiter, lautet eine weitere Erkenntnis aus dem Barometer. Beurteilten in früheren Erhebungen Frauen ihren Arbeitsplatz um 1.6 bis 1.8 Indexpunkte schlechter als Männer, erhöhte sich das im Zeichen des Coronavirus auf 3.3 bis 3.8 Punkte. Die stärkere Belastung schlug sich vor allem in den Berufen mit hohem Frauenanteil nieder, wie im Detailhandel sowie im Sozial- und im Gesundheitswesen. Der Gesundheitssektor erhielt als einzige Branche in allen Bereichen schlechtere Bewertungen als in den Vorjahren.
Das Barometer registrierte indessen auch positive Entwicklungen. So verbesserte sich die interne Kommunikation der Unternehmen in der Pandemie. Die Information durch die Arbeitgeberinnen und -geber wurde als ehrlich und vertrauensvoll eingeschätzt. Zudem nahm der so genannte Präsentismus (Arbeit trotz Krankheit) ab.
Alles in Allem hat sich die Arbeitszufriedenheit trotz Corona verbessert. Ursächlich könnten die «Öffnungseuphorie» nach dem Lockdown oder positive Effekte durch Homeoffice sein, vermuten die Studienverantwortlichen.
Travaille.Suisse schlägt verschiedene Massnahmen für die Verbesserung der Arbeitssituation in der Schweiz vor: Mit verbessertem Stressmonitoring solle psychischen Problemen früher begegnet werden. Eine Verpflichtung der Arbeitgeber, Weiterbildungen anzubieten, solle deutlicher als bisher geregelt werden. Kostenlose Standortbestimmungen für ältere Mitarbeitende (Pilotprojekt dazu in 11 Kantonen bereits gestartet) sollten Entwicklungsmöglichkeiten auffächern. Höhere prozentuale Ansätze für Erwerbsersatzleistungen für tiefe Einkommen könnten helfen, Präsentismus weiter zu reduzieren.
Travail.Suisse erhebt das Barometer seit 2015 zusammen mit der Berner Fachhochschule. Befragt werden jeweils rund 1500 Erwerbstätige aus allen Regionen der Schweiz. (sda/he)
Interaktive Darstellung der Daten