Buch des Monats: Selbstverantwortung

Sonntag, 06. Dezember 2020 - Karen Heidl
Der Recruiting-Spezialist und Fachbuchautor Frank Rechsteiner widmet sich in seinem neuen Buch der «inneren Karriere» und der Selbstverantwortung. Was hat dies mit Recruiting zu tun? Wir haben nachgefragt.
Selbstverantwortung ist ein grosses Wort mit einer komplexen Bedeutung. Worum geht es in Ihrem neuen Buch, Herr Rechsteiner?

Mein Ziel ist es, Menschen mit diesem Buch in Selbstverantwortung zu bringen. Das ist mir wichtig, weil ich in den letzten 15 Jahren das Gefühl hatte, dass Menschen unglaublich viel Energie in ihre äussere Karriere investieren, aber die innere Karriere vernachlässigen.

Meine eigene Geschichte hat mir allerdings gezeigt, dass die innere Karriere zur Zufriedenheit führt, während die äussere Karriere dies nur bedingt vermag. Der wichtigste Schritt, um sich der inneren Karriere bewusst zu werden, besteht darin, Selbstverantwortung zu akzeptieren.

Um welche Themen geht es, wenn Sie von «innerer Karriere» sprechen?

Nehmen wir ein Beispiel: Sie haben viel erreicht, haben eine verantwortungsvolle, leitende Position und haben auch viel dafür gegeben. Irgendwann stellen Sie fest: «Alles erreicht», aber Sie finden keine Erfüllung. Sie fragen sich: «Ich habe doch alles, was ist los?» Das Gefühl der inneren Leere dominiert.

Als Personalberater rede ich täglich mit Menschen, die extrem viel geschafft haben und trotzdem immer noch die nächste Steigerung wollen. Mich hat die Frage beschäftigt, wie man diese Leere füllen kann. Ich denke, das kann man nicht mit einer äusseren Karriere schaffen. Ob man für 5000 oder 25 000 Menschen zuständig ist, ändert schliesslich nichts im Leben. Die Leere bleibt.

Kann man «innere Karriere» mit Glücksstreben übersetzen?

Überhaupt nicht. Glück ist kein anhaltender Zustand. Innere Karriere beantwortet Fragen wie: Warum tue ich, was ich tue? Was ist der rote Faden meines Wirkens, warum arbeite ich? Diese Klarstellung ist mir wichtig, denn Glück ist kein dauerhafter Prozess. Glück ist, wenn ich in der 88. Minute ein Tor schiesse. Aber das erfüllt mich nicht dauerhaft.

An wen richten Sie das Buch?

Es ist für jeden gedacht, der das Gefühl der Leere spürt, und vor allem für diejenigen, die ich als Headhunter immer wieder kennenlerne: Menschen, die bereits erste Erfolge ­hatten.

Geben Sie uns einen Einblick in Ihre wichtigsten Empfehlungen?

Das Buch ist kein klassischer Ratgeber, in dem ich Tipps zum Glücklichwerden gebe. Meine wichtigste Botschaft ist: «Es ist alles in dir. Du brauchst niemanden, der dir sagt, was du zu tun hast. Du musst akzeptieren und reflektieren, dass deine Erfüllung und Zufriedenheit in dir steckt. Du musst über die Gründe nachdenken, warum du im Hamsterrad deiner Karriere gelandet bist.» Damit sind wir beim Thema Selbstverantwortung. Der Blick muss sich nach innen wenden und sich fragen: «Was sind denn meine Indikatoren für Zufriedenheit?» Hierfür biete ich einige Reflexionsfragen und gebe aus meiner persönlichen Geschichte Beispiele. So eine Reflexion lässt sich nicht auf einem Wochenend-Seminar erledigen. Es ist eine Reise, die man beginnt, ein Reifungsprozess, der einige Zeit beansprucht und den man über Impulse und richtige Fragen stimulieren kann. Es ist nicht so, dass man dieses Buch liest und dann happy ist.

Eignet sich das Buch auch für junge Menschen?

Ja, ich denke schon. Vielleicht könnten die Anregungen den ein oder anderen davor bewahren, in die falsche Richtung zu tappen. Allerdings sind die Fragen auf Menschen zugeschnitten, die schon Karriereschritte hinter sich haben.

Das Buch kann unter folgendem Link vorbestellt bzw. bestellt werden:
frankrechsteiner.de/fachbuch/selbstverantwortung

Was können Führungskräfte durch diesen Blick ins innere Selbst gewinnen?

Wenn man als Führungskraft das eigene Handeln und Wirken reflektiert, wird man eine andere Art der Führung ansteuern. Man wird Menschen in Selbstverantwortung bringen wollen. Wenn man anderen auf Augenhöhe begegnen kann, lassen sich andere Ergebnisse erzeugen. Aber dazu muss man zuerst an sich arbeiten. Viele Führungskräfte projizieren die Gründe für ein Nichtgelingen nach aussen – die Umstände oder die anderen sind schuld. Wenn man sich selbst in die Verantwortung nimmt und sich – als Beispiel – fragt: «Was hat es denn mit mir zu tun, wenn das Team nicht funktioniert?». Dann hat man die Chance, sich seiner Selbstwirksamkeit bewusster zu werden und neues Handeln zu ermöglichen.

Was bezeichnen Sie als neues Handeln?

Neues Handeln ist eine neue Form der Führung und der Zusammenarbeit, die sich am Ergebnis orientiert. Das Vertrauen, dass ein Mitarbeiter seine Aufgabe exzellent erfüllen wird, ist natürlich eine ganz andere Haltung als Command & Control.

Was empfehlen Sie Führungskräften, die mit diesem Führungsverständnis in einer Unternehmenskultur arbeiten, die dem Command- and-Control-Prinzip folgt?

Wenn einem als Führungspersönlichkeit klar ist, was man akzeptiert oder nicht, kann man nur das Gespräch suchen und versuchen, für eine andere Führungskultur Raum zu schaffen. Heute haben wir aber häufig die Situation, dass sich Führungskräfte an der Kultur der Organisation orientieren und wenig eigenes Verständnis von ihrer Führung haben. Es ist wichtig, sich darüber klar zu werden: «Wie führe ich, was sind meine Prinzipien, was akzeptiere ich und was nicht?» Nur so kann eine eigenständige und selbstverantwortliche Entscheidung getroffen werden. Das Buch soll dabei helfen, das eigene Fundament zu stärken.

Zur Person

Frank Rechsteiner ist Personal ­Sparringpartner und Inhaber einer auf Executive-Recruiting und Strategie­beratung für IT-Unternehmen spezialisierten Personalberatung. Zuvor hatte
er langjährige Führungspositionen bei internationalen IT-Anbietern inne. Er publiziert regelmässig Beiträge in Wirtschafts-, IT- und sozialen Medien und schreibt als Autor für renommierte Verlage.

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