Generationenfragen im Reality-Check
Um den Programmpunkt «Generationentalk» konnte man die Moderatorin Sabine Bianchi nur schwerlich beneiden. Es galt, mit zwei Vertreterinnen der Generation Z, Anastasia Kurer, Teilzeitmitarbeiterin und engagierte Bewerberin, und der Generation Y, Michèle Mégroz, CEO CSP AG, sowie einem Vertreter der Boomer-Generation, Ivo Riedi, Head of Vocational Training / Leiter Berufsbildung SFS Group Schweiz, eine 45minütige Diskussion über generationale Befindlichkeiten und Erfahrungen im Unternehmen zu führen. Mégroz und Riedi begrüssten den Appell von Ivancic zur Schaffung lebensphasengerechter Rahmenbedingungen in Unternehmen, während auch Kurer prägnant zusammenfasste: Generationenthemen seien in ihrer Altersgruppe zumindest nicht wirklich relevant. Man beschäftigte sich wenig mit generationalen Fragen. Mégroz mahnte zudem, dass eine Differenzierung von Entwicklungsangeboten und Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Arbeitsalltags nicht generationenspezifisch erfolgen dürfe, sondern jedem Einzelnen in seiner individuellen Lebensphase zur Verfügung stehen müsse. Der aktuelle Fachkräftemangel erfordere geeignete Massnahmen, um jüngere und ältere Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden und auch nach Beendigung eines Anstellungsverhältnisses als potenzieller Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, zu dem man gegebenenfalls zurückkehren würde.
Generationen-Talk, von links: Sabine Bianchi, Ivo Riedi, Michèle Mégroz, Anastasia Kurer
Employer Brand muss Werte spiegeln
Konsequenterweise muss der Employer Brand den Wertewandel spiegeln, der traditionell stark von jüngeren Menschen getrieben wird. Gefragt nach ihren Erwartungen an Arbeitgebende sagte Anastasia Kurer, dass ihr eine Kultur der Offenheit, Angstfreiheit und Nachhaltigkeit am wichtigsten im Unternehmen sei. Diese Werte standen noch vor 20 Jahren nicht unbedingt auf der Top-Prioritäten-Liste von Unternehmen und die Generation X und die Boomer haben sich damit – wohl oder übel – arrangiert, auch wenn sie selbst in den noch mehrheitlich autoritär geprägten Erziehungsstilen der damaligen Zeit andere Kerndisziplinen erlernen mussten.
Michèle Bongetta, Geschäftsführerin der Rehakliniken Zihlschlacht und Dussnang, zeigte in ihrem Vortrag, dass ein Kulturwandel auch in einer traditionell geprägten Branche wie dem Gesundheitsbereich möglich ist. Flexibilisierung der Arbeit, Lösungen für lebensphasenbedingte Bedürfnisse, Dialogkultur statt jährliche Leistungsbenotungen und eine dynamische Lernkultur zeigen den Rahmen der Möglichkeiten auf, in dem sich Kultur wandeln kann.
Das Individuum im Zentrum
Leider kann man aus der Liberalisierung der gesellschaftlichen Werte nicht ableiten, dass die Generation Z heute angstfrei sei. Ganz im Gegenteil, erzeugen heute Soziale Medien bei der jungen Generation einen hohen Erwartungsdruck punkto Aussehen, Karriere, Haltungen und diverser anderer Aspekte des Lebens, bezeugte Anastasia Kurer. Michele Mégroz ergänzte, dass sie dies allerdings auch bei älteren Menschen beobachte, auch dies sei nicht unbedingt ein Generationenproblem, es komme immer auf den einzelnen Menschen an.
Generationale Diversität sichert Zukunft
Ein Plädoyer für die Generationenvielfalt in den Unternehmen hielt Hans Rupli, Präsident der Initiative focus 50+. Anliegen dieses Netzwerks von Unternehmen unter dem Patronat des Schweizer Arbeitgeberverbands (SAV) ist es, Unternehmen darin zu unterstützen, die Arbeitsmarktfähigkeit von älteren Mitarbeitenden zu fördern sowie den Nutzen einer erfolgreichen Zusammenarbeit der Generationen in der Wirtschaft aufzuzeigen. Sein Referat stand im Zeichen dieser Mission. Generationendiversität sei eine Chance, erklärte Rupli, von der alle Generationen profitieren könnten. Diese Überzeugungs- und Entwicklungsarbeit sei heute ein dringliches Anliegen, da in den nächsten Jahrzehnten mehr Arbeitskräfte den Markt verlassen als nachfolgen würden.