
Wollen Wirken Wissen
Der Sozialpsychologe Dr. Jakub Samochowiec hebt die zentrale Bedeutung von Selbstbestimmung, Kreativität und gesellschaftlicher Verantwortung in einer durch KI geprägten Welt hervor.
Die digitale Revolution der Arbeitswelt geht mit der Verbreitung von KI in eine neue Phase umwälzender Veränderungen. Darin ist man sich sowohl aufseiten der Analysten als auch der Nutzerinnen und Nutzer einig. Nach einer aktuellen Studie,[1] die von dem Unternehmen Workday durchgeführt wurde, spiegeln sich die Zukunftserwartungen in der konkreten Nutzungserfahrung mit KI: Die aktivsten KI-Anwendenden sehen auch deren Vorteile am positivsten (4.23 von 5 Punkten). Die Gruppe, die angegeben hat, in den kommenden zwölf Monaten in KI einsteigen zu wollen, hat den niedrigsten Score und zeigt sich im Vergleich als besonders skeptisch. Ein solcher Zusammenhang überrascht keineswegs, offenbart sich der Nutzen einer Technologie doch immer erst in der praktischen Erfahrung damit. Ebenso wenig überraschend ist somit das Ergebnis, dass Menschen, die regelmässig KI einsetzen, auch positive Erwartungen an die zukünftige Ausgestaltung ihres Tätigkeitsfelds haben: Mehr Raum für übergeordnete Tätigkeiten wie Strategieentwicklung und Problemlösung werde gemäss Studie erhofft, mehr Transparenz im Unternehmen und damit eine ganz neue Qualität der Arbeit.
Fähigkeiten zur Empathie, zu Beziehungsaufbau und zur Konfliktlösung werden zudem als «unverzichtbar für den Erfolg in einer KI-getriebenen Wirtschaftswelt» erwartet.
Der konkrete Zusammenhang zwischen den heute im Zuge des New-Work-Mainstreams gemeinhin postulierten menschlichen Softskills und den Anforderungen im Einsatz von KI bleibt trotz solcher Studien allerdings im Dunkeln. Sie weisen keine belastbaren Daten aus, die die kausale Beziehung zwischen KI-Integration und der Nachfrage nach spezifischen menschlichen Kompetenzen untermauern. So kann man diese Befragungen als Stimmungscheck durchaus akzeptieren, aber ihr Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Frage, welche Kompetenzen benötigt werden, um Mitarbeitende und das Unternehmen in das KI-Zeitalter zu führen, ist begrenzt. Wohl aber zeigen sie «relevante Kontextbedingungen» auf, wie Seufert und Meier (2023)[2] darlegen: «Ein gelingendes Zusammenwirken von Menschen und intelligenten Assistenzsystemen erfordert nicht nur ein synergetisches Zusammenspiel von menschlicher und künstlicher Intelligenz. Daneben spielen auch die Haltungen und Einstellungen der beteiligten Menschen eine wichtige Rolle für das Gelingen der Zusammenarbeit. Hier haben sich u.a. die impliziten Theorien über die menschliche Psyche als relevante Kontextbedingung herausgestellt – insbesondere Haltungen, die als growth mindset bzw. als fixed mindset charakterisiert werden können.»
Im Hinblick auf KI-Agenten wie ChatGPT nennen Seufert und Meier (2023) fünf Kompetenzen, die sie als relevant für die erfolgreiche Nutzung erachten:
1. Ein allgemeines Verständnis davon, wie KI funktioniert – einschliesslich des Unterschieds zwischen regelbasierten Algorithmen und der Funktionsweise eines Sprachmodells wie ChatGPT
2. Ein Verständnis für die Unterschiede zwischen menschlichen Kompetenzen und den Fähigkeiten einer KI
3. Die Fähigkeit, zielorientiert mit KI-basierten Agenten zusammenzuarbeiten (Ko-Kreation) und sie zur Bewältigung von Aufgaben einzusetzen
4. Die Fähigkeit zur reflexiven Beobachtung und Steuerung des eigenen Handelns («reflection in action») – insbesondere im Hinblick auf lebenslanges Lernen
5. Eine Sensibilität für die ethische Nutzung einer KI
KI ist nicht gleich ChatGPT. Es gibt nicht nur eine grosse Vielfalt von KI-Applikationen, auch die Art und Weise, wie KI in Systeme integriert ist, ist breit gefächert: KI kann bewusst und explizit oder implizit als Bestandteil eines im Hintergrund laufenden Automatismus genutzt werden. Sie kann bestimmte Tätigkeiten komplett automatisieren oder die humane Intelligenz augmentieren. Seufert und Meier (2023) unterscheiden Kooperationstypen und Stufen der Intensität der Zusammenarbeit, was sich in den verschiedenen Rollen der KI-Agenten «als Teammitglieder» zeigt, z.B. Assistent, Koordinator, Macher, Experte (siehe Grafik: «Stufen der Integration von Mensch und intelligentem Assistenzsystem»).
Ein Kompetenzmodell, das einem breiteren Anwendungsspektrum von KI Rechnung trägt, also nicht ausschliesslich auf ChatGPT-ähnliche Agenten fokussiert, stellt eine im August 2024 erschienene Recherche der Fachliteratur zum Thema «Kompetenzfelder künftiger Beschäftigter im Bereich Künstlicher Intelligenz»[3] vor. Sie identifiziert fünf Kompetenzfelder und drei Kompetenzstufen, die für die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen relevant sind.
Die Kompetenzstufen unterscheiden sich in:
In einem Schema von fünf Kompetenzfeldern können für den konkreten Einsatz von KI benötigte Fähigkeiten definiert und in den oben genannten Niveaus eingegrenzt werden:
Mithilfe dieses Schemas können Unternehmen Kompetenzprofile in verschiedenen Einsatz- und Aufgabenbereichen, die mit KI verknüpft sind, entwickeln.
[1] Workday. (2025, 14. Januar). Neue Workday-Studie zeigt: KI macht menschliche Fähigkeiten in der Arbeitswelt wichtiger denn je. Workday Newsroom. Abgerufen von workday.com
[2] Seufert, S., & Meier, C. (2023). Hybride Intelligenz: Zusammenarbeit mit KI-Assistenzsystemen in wissensintensiven Bereichen. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 60(6), 1194-1209.
[3] Neuhaus, U., Schulz, M., Schröder, H., & Herrmann, F. (2024). Kompetenzfelder künftiger Beschäftigter im Bereich Künstlicher Intelligenz. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 61(2), 471-484.
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