Lukas M. Fastenroth, akademischer Leiter Consulting am Kienbaum Institut und Dr. Bernd Blessin, Leiter Personal, Organisation und Transformation der L-Bank, stellten die Key Findings der Studie «Remote Leadership» vor, die 2022 in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der PersonalmanagerInnen (BPM) mit 240 Teilnehmenden durchgeführt wurde.
Die Beschleunigung der digitalen Transformation und damit der Arbeitswelt, die seit der Pandemie wahrnehmbar ist, erzeuge vor allem im mittleren Management Stress, konstatierten die Referenten als ein zentrales Studienergebnis. Auf Remote Leadership fühlten sich die Führungskräfte schlecht vorbereitet. In der Position zwischen Umsetzungsverantwortung und Beziehungsmanagement mit Mitarbeitenden fühlten sie sich unsicher und überlastet, gestresst und erschöpft. Über die Hälfte gab gleichwohl an, dass für die Mitarbeitenden Remote Work positiv erlebt wurde.
75% der Befragten halten Teamführung auf Distanz für sehr schwierig, das Onboarding sei problematisch (67%), 42% halten auch das Offboarding für erschwert.
Mitarbeiter-Empowerment sei erheblich schwieriger zu leisten, meinen 88% der Studienteilnehmerinnen, und das betreffe immerhin den Kern der Führung, merkten die Referenten an; gar 66% gaben an, dass die Mitarbeiterbindung gefährdet sei.
Performance-Management wurde während der Pandemie zurückgefahren, während sich das Vertrauen zu den Mitarbeitenden verbessert habe, erklärten 60% der Befragten.
Die Studienergebnisse konstatieren positive Einstellungen gegenüber Remote und Hybrid Work trotz der genannten Herausforderungen. Die meisten Führungskräfte sind davon überzeugt, dass man Mitarbeitenden vertrauen kann, was die transaktionale Führung unterstütze. Aufgrund dieser Anmerkung rieten die Referenten, unternehmensweite Regelungen für Remote- und Hybrid-Arbeitsmodelle zu finden und die Konsequenzen für Führung und Bindung zu reflektieren.
66% der Befragten erwarten einen Anstieg der Fluktuationen. Die Führungskräfte reagieren mit Angeboten für die Flexibilisierung der Arbeit, Erhöhung der Selbständigkeit und verbesserter Vertrauenskultur. Karriereangebote oder höhere Bezahlung kommen nicht in Betracht.
Im Fazit erinnerten die Referenten daran, dass es eine der wesentlichen Aufgaben von HR sei, das Führungsverständnis im Hinblick auf Vertrauen und Performance zu reflektieren. Remote Work stellt erhebliche Anforderungen an das Management, das aber trotz aller Belastung und Schwierigkeiten von remote und hybrid organisierter Arbeit überzeugt sei.
Der euphorische Schlussappell der Referenten überraschte ein wenig angesichts der Ergebnisse dieser Befragung. Sie proklamierten, dass es an der Zeit sei, die Transition in eine hybride Arbeitswelt aktiv und effektiv anzugehen. Für Organisation, Bürogestaltung, Kommunikation und technische Ausstattung in diesen Arbeitsmodellen brauche es klare Konzepte. Wie ein nachhaltiges, psychisch verträgliches Führungskonzept für das mittlere Management unter diesen erschwerten Bedingungen genau aussehen könnte, konnten die Referenten, die auf Vertrauens- und Beziehungsarbeit verwiesen, allerdings nicht überzeugend vermitteln.