Leidet die Schweiz unter einer Gleichstellungsfatigue?
Prof. Dr. Gudrun Sander setzt sich seit 30 Jahren als Forscherin, in der Lehre und als Beraterin für das Thema Gleichstellung ein. Wie interpretiert sie den aktuellen Stand?
Der öffentliche Sektor muss als Arbeitgeber bei der Förderung der beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern eine Vorbildfunktion einnehmen. In diesem Sinne wurde 2016 die Charta für Lohngleichheit im öffentlichen Sektor lanciert. Heute gehören ihr neben dem Bund 17 Kantone, 144 Gemeinden und 108 staatsnahe Betriebe und Organisationen an, die sich verpflichtet haben, die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern in ihrem Einflussbereich aktiv zu fördern. Mit der Gründung des Komitees sollen erfolgsversprechende Massnahmen koordiniert und der Austausch zwischen den Unterzeichnenden verbessert werden. Gleichzeitig wird angestrebt, die Zahl der Unterzeichnenden zu erhöhen.
Das Komitee hat für die nächsten Jahre drei Schwerpunkte gewählt: Auf allen Hierarchieebenen für Gleichstellung im Erwerbsleben sensibilisieren, Unterbeschäftigung von Frauen thematisieren und regelmässige Erhebung von Informationen zu Lohngleichheit und andere Gleichstellungsthemen.
Zu diesem Zweck befasste sich das Komitee mit den ersten Ergebnissen des Monitorings der Charta, einer umfassenden Umfrage, die bei allen unterzeichnenden Instanzen durchgeführt wurde. Es lobte die hohe Beteiligung und die zahlreichen innovativen Projekte und Prozesse, die von den öffentlichen Betrieben im Bereich der Lohngleichheit und bei der beruflichen Gleichstellung im weiteren Sinne, insbesondere bei der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben, umgesetzt wurden. Die definitiven und vollständigen Daten des Monitorings werden im Laufe des Jahrs 2025 auf einer neuen Plattform öffentlich zugänglich gemacht.
In der Schweiz ist die Lohngleichheit gesetzlich verankert. Seit über 40 Jahren haben Frauen und Männer gemäss Bundesverfassung Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Laut der neuesten Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik (LSE 2020) beträgt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern - im Durchschnitt und in Vollzeitäquivalenten - 18%, was einer Differenz von 1500 Franken pro Monat weniger für Frauen entspricht. Nur ein Teil dieses Lohnunterschieds (52.2%) lässt sich durch objektive Faktoren (Dienstalter, berufliche Stellung usw.) erklären.
Prof. Dr. Gudrun Sander setzt sich seit 30 Jahren als Forscherin, in der Lehre und als Beraterin für das Thema Gleichstellung ein. Wie interpretiert sie den aktuellen Stand?
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