Revolutioniert KI das Kompetenzmanagement?

Freitag, 11. Oktober 2024 - Simon Bühler
Die HR Tech Night von anfangs Oktober war restlos ausverkauft und sorgte dank inspirierenden Referaten für reichlich Gesprächsstoff unter den 100 Gästen.

Mit «skills-based organization» macht im HR ein neues Buzzword die Runde. Was ist darunter zu verstehen? Und mit welchen Herausforderungen setzen HR-Tech-Anbieter KI-gestützte Konzepte in der Praxis um? Die Aussicht auf Antworten zu diesen Fragen und auf einen angeregten Netzwerk-Austausch zog ein gemischtes HR-Fachpublikum in die frisch eröffnete «Work Factory» im Zürcher Binz-Quartier.

Laut der Future-of-Work-Studie vom WEF werden sich infolge der digitalen Transformation in den nächsten fünf Jahren rund ein Drittel aller Jobs fundamental verändern, was von den betroffenen Arbeitskräften neue Kompetenzen erfordert. Um diesen Anforderungen in der Personalentwicklung gerecht zu werden, vollzieht sich gerade ein Wandel: Weg von starren, rollenbasierten Modellen, hin zu flexiblen, auf Kompetenzen basierenden Ansätzen.

Lösungsansätze für die «skills based organization»

Zwar erkennen viele Unternehmen die Notwendigkeit eines entsprechenden Skills-Managements, stehen dabei jedoch vor Herausforderungen. Einerseits erweist sich die Erstellung sogenannter Skills-Taxonomien – also einer strukturierten Übersicht über alle für das Unternehmen relevanten Fähigkeiten – oft als komplexe Aufgabe. Andererseits ist es schwierig, Mitarbeitende zu motivieren, ihre Kompetenzen aktiv und kontinuierlich zu dokumentieren und à jour zu halten.

Lösungsansätze im Kompetenzmanagement verspricht die Künstliche Intelligenz (KI), die viele der genannten Aufgaben automatisieren und optimieren soll. So kann KI das Erstellen von Kompetenzprofilen, die Durchführung von Skill-Gap-Analysen sowie eine Zuordnung von Lerninhalten zu den spezifischen Entwicklungsbedürfnissen der Mitarbeitenden vereinfachen. Zudem lassen sich Lernfortschritte mittels KI besser messen und gezielter erfassen – eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung einer «skills-based organization».

Kopfschmerzen vorprogrammiert

Obwohl die Relevanz und Dringlichkeit, das Skills-Management auf die HR-Agenda zu setzen, allgemein Konsens ist, beschert die konkrete Umsetzung den Verantwortlichen nicht selten Kopfschmerzen: «Skills-Management gleicht einer exzessiven Party – allzu oft leider inklusive Kater.» Mit dieser süffisanten Metapher eröffnete Cornell Müller sein Input-Referat. Der Gründer diverser HR Tech-Firmen zeigte auf, wie Unternehmen basierend auf Skills zielgenauer, diskriminierungsfrei und zukunftsorientiert rekrutieren, aber auch die bestehende Belegschaft in ihren Fähigkeiten weiterentwickeln könnten. Mit Skills-Manager.ch präsentierte er eine neu lancierte Plattform, die in Kombination von KI und Arbeitsmarktdaten niederschwellig einen Beitrag leisten will, um Unternehmen eine Übersicht über die bereits vorhandenen Fähigkeiten ihrer Belegschaft zu geben und für künftige Herausforderungen im Skills-Management besser gewappnet zu sein.

Doch wie lassen sich die Fähigkeiten der Mitarbeitenden verlässlich validiert erfassen und nutzen? Diese Frage stellte Rico Wyder, Head of Sales EMEA bei Skillable, ins Zentrum seines Referats und skizzierte, wie sich eine leistungsbasierte Validierung der Qualifikationen und Kompetenzen der Mitarbeitenden umsetzen und nutzbringend ins HR-Ökosystem integrieren lässt. Auf eine Publikumsfrage, wie sich ein solches Projekt denn am besten starten lasse, empfahl Wyder, mit kleinen Schritten zu beginnen und zunächst beim Middle-Management anzusetzen, weil diese Gruppe innerhalb einer Organisation als Multiplikatoren die grösste Wirkung zu entfalten verspreche.

Revolution der kleinen Schritte

«Früher bestand das Skills-Management darin, die Mitarbeitenden auf Papierbögen ihre Kompetenzen auflisten zu lassen, was am Ende aber allzu oft ungenutzt als Datenfriedhof endete.» So die nüchterne Analyse von Leo Bättig, Managing Director bei tts digital HR experts, der sich seit längerer Zeit mit den technischen Herausforderungen eines gesamtheitlichen Skills-Managements beschäftigt. In seinem Input-Referat plädierte er dafür, bei der Einführung schrittweise vorzugehen und die Prinzipien etablierter Skill-Management-Tools wie LinkedIn zu nutzen, die Mitarbeitende bereits heute dazu motivieren, ihre Skills à jour zu halten.

Katharina Göppinger, Sales Lead Strategic Clients bei IBM Technology, gab anschaulich einen Einblick in ihre Erfahrungen aus der HR-Transformation bei IBM. Dafür präsentierte sie das KI-basierte Tool «AskHR», das als virtueller Assistent für den Grossteil wiederkehrender HR-Fragen bei IBM weltweit eingesetzt wird. Das Tool entstand in Co-Kreation mit den Mitarbeitenden und weist inzwischen eine Akzeptanzrate von 75% auf. Damit konnten die HR-Prozesse mit erheblichen Effizienzsteigerungen optimiert werden. Auf Rückfrage aus dem Publikum, wie das HR bei IBM diesen Prozess erlebt hat, räumte Göppinger ein, dass nicht alle HR-Beschäftigten diese Transformation mitgetragen hatten. Zwar hätten sich viele HR-Profis auf strategischere Aufgaben spezialisiert, es sei aber auch zu Abgängen gekommen.

Die anschliessende Panel-Diskussion unter der Moderation von HR-Strategie-Beraterin Verena Gebler bildete die Startrampe für angeregte Gespräche, die sich während des Apéros fortsetzten. Die Macher der HR Tech Night Lena Schwerzmann und Tobias Mengis ziehen eine positive Bilanz: «Die Diskussionen und die positiven Reaktionen haben einmal mehr gezeigt, wie zukunftsweisend und wertvoll die aufgebrachten Themen für Unternehmen sind – dabei hat die Reise gerade erst begonnen und wir freuen uns schon auf die nächste Durchführung.»

Zur HR Tech Night

Die rasante Entwicklung digitaler Technologien transformiert die Arbeitswelt fundamental. Die Digitalisierung fungiert als Treiber für Innovationen im HR und konfrontiert das Personalwesen mit neuen Herausforderungen, eröffnet aber auch grosse Chancen. In einer exklusiven Medienpartnerschaft mit Penso lädt die «HR Tech Night» Technologie-Innovatoren und Vordenkerinnen ein, ihr Wissen mit der HR-Community zu teilen. Weitere Informationen

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