Für alles einen Weg
Die wichtigste Botschaft, die man einer trauernden Person auf den Weg geben sollte, sagt Sutor, laute: «Wir finden für alles einen Weg.» Damit nehme man im ersten Moment den Druck vieler Belastungen von den Trauernden. Es sei zudem im zweiten Schritt wichtig abzuklären, welche Unterstützung die Trauernden im Moment brauchen, vor allem aber, ob sie überhaupt im Unternehmen vom Team auf den Todesfall angesprochen werden wollen und ob bzw. wie das Team zu informieren ist.
Zudem sei es sinnvoll, sich zu erkundigen, ob die trauernde Person allein ist oder ob ihr andere Menschen beistehen, ob es Sorgen hinsichtlich der finanziellen Situation gibt und ob versicherungstechnische Abklärungen getroffen werden müssen (siehe Sozialversicherungen: 7 Tipps im Trauerfall). Ein Todesfall kann zu finanziellen Notlagen führen, beispielsweise wenn ein vollverdienender Ehemann stirbt, dessen Frau in Teilzeit arbeitet und die Kinder versorgt. Verwitwete Elternteile benötigen gegebenenfalls vorübergehend auch Unterstützung bei der Familienorganisation. Oder die Familie benötigt psychologische Unterstützung, die ein Seelsorger oder eine Trauerbegleitung erbringen kann.
Bei der Arbeitgeberin von Frau Sutor gibt es Trauergruppen, die sich rein virtuell treffen. Eine dieser Trauergruppen wurde für Mütter, deren Kinder vor der Geburt gestorben sind, gegründet. «Sternenkinder kommen nicht so selten vor. Traditionell wird darüber nicht viel gesprochen, dabei trauern die Eltern häufig genauso, wie bei einem bereits geborenen Kind. Meistens wird diese Situation in der Arbeitsumgebung tabuisiert», berichtet sie aus ihrer Erfahrung.
Fragen zu einer internen Leitlinie für Trauer- und Krisenmanagement
Ein gut ausgearbeiteter Handlungsleitfaden für Krisen- und Todesfälle im Unternehmen unterstützt Führungskräfte bei der adäquaten Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Petra Sutor regt an, über folgende Fragen zu reflektieren.
Kommunikation
- Kommunikation im Krisenfall: Wer ist wann durch wen zu informieren?
- Wie soll der Krisenplan kommuniziert werden?
- Wie wird der Tod im Unternehmen bekannt gemacht und durch wen?
- Für welche Mitarbeitenden werden Traueranzeigen aufgesetzt?
Organisation
- Wie können Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufe temporär neu strukturiert werden?
- Was ist im Falle einer längeren Abwesenheit im Hinblick auf die Arbeitsorganisation zu berücksichtigen?
- Was geschieht mit den Arbeitsunterlagen und Arbeitsgeräten der verstorbenen Person?
Unterstützungsangebote
- Welche professionelle Begleitung oder Gesprächsangebote können den Mitarbeitenden angeboten werden?
- Welche sozialen oder finanziellen Hilfsangebote können geschaffen werden?
- Welche Institutionen können intern oder Angehörige bei verschiedenen Anliegen unterstützen (Adressen, Ansprechpersonen, Dienstleistungen)?
Trauerbegleitung
- Wie wird der Kontakt zu den Angehörigen nach dem Tod eines Mitarbeiters gestaltet und wer hält diesen nachhaltig?
- Welche Rituale des Abschiednehmens gibt es bereits im Unternehmen oder sollen etabliert werden?
- Wer geht zur Trauerfeier oder wird es eine Feier innerhalb des Unternehmens geben?
- Wer räumt wann den Arbeitsplatz der verstorbenen Person?
- Welche Rückzugsräume können zur Verfügung gestellt werden?
Selbstwirksamkeit
Wichtig in der Trauerbegleitung sei es, den Betroffenen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit zu geben, erläutert Petra Sutor ihre Arbeit als Trauerbegleiterin. So ermuntere sie Betroffene, abklärende Gespräche hinsichtlich der Gestaltung von Arbeitspensum und -inhalten mit ihren Vorgesetzten selbst zu führen und bewusst zu reflektieren, welche Massnahmen jetzt helfen könnten. Diese Gespräche gäben in einer Phase stark empfundenen Kontrollverlusts Vertrauen in die eigene Handlungs- und Steuerfähigkeit zurück.
Erwartungen an die Führungskraft und das Teammanagement
Um als Führungskraft Betroffene und Team in der Trauerzeit gut zu unterstützen, sei es wichtig, sich der eigenen Haltung bewusst zu werden, führt Sutor aus. Sie empfiehlt zu reflektieren, welche Trauererfahrungen man gemacht, was man sich in diesen Situationen gewünscht und was einem geholfen hat. Worte der Anteilnahme an die HR-Abteilung zu delegieren sei keinesfalls ein angemessener Umgang mit der Situation. Plattitüden wie: «Das Leben geht weiter», «Du musst loslassen» oder «Die Zeit heilt alle Wunden» könnten durchaus verletzen, weil sie Desinteresse signalisierten, während gut gewählte Worte der persönlichen Anteilnahme durch den Chef oder die Chefin Sicherheit und Zugehörigkeit vermittelten. Wer keine Worte findet, darf dies aber kommunizieren. Dann kann man zum Beispiel sagen: «Es tut mir sehr leid, mir fehlen die Worte. Ich möchte aber, dass Sie wissen, dass wir für Sie da sind.»
Im Gespräch mit Betroffenen seien Zuhören und Nachfragen hilfreicher als gute Ratschläge oder das Vortragen eigener Verlusterfahrungen. Gleichwohl ermuntert Sutor Führungskräfte dahingehend, im Team als Vorbilder voranzugehen und über die Situation zu sprechen – und auch nach längerer Zeit immer wieder nachzufragen, wie es gehe.