Travailsuisse fordert generelle Lohnerhöhung von bis zu 4.5%

Dienstag, 22. August 2023
Der Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse fordert generelle Lohnerhöhungen von 3.5 bis 4.5%. In den letzten beiden Jahren seien die Reallöhne der Schweizer Arbeitnehmenden gesunken. Der Arbeitgeberverband kontert.
«Die steigenden Lebenshaltungskosten haben die Arbeitnehmenden in den letzten zwei Jahre ärmer gemacht», sagte Johann Tscherrig, Mitglied der Syna-Geschäftsleitung a. i., anlässlich einer Medieninformation von Mitte August. Er bezog sich dabei auf eine Analyse von Lohnentwicklung und Teuerung, welche Travailsuisse erstellte.
 
Demnach befinden sich die Reallöhne im Jahr 2023 auf dem Niveau von 2015. Seit 2021 seien die Reallöhne rückläufig. «Drei Jahre hintereinander mit rückläufigen Reallöhnen wurden in der Nachkriegszeit bisher nie registriert.»
 
Hauptgrund für die tieferen Reallöhne seien die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Laut dem Dachverband steigen die effektiven Lebenshaltungskosten deutlich stärker als es die ausgewiesene Inflation vermuten lässt. Dies erkläre sich vor allem durch die in den Jahren 2023 und 2024 stark steigenden Krankenkassenprämien, welche insbesondere Familien mit mittleren Einkommen stark treffe.
 
Teuerung plus Produktivitätssteigerung
 
Nun fordern die Gewerkschaften deutliche Lohnerhöhungen. Travailsuisse vertritt den Standpunkt, dass sich die Löhne im Gleichschritt mit den Preisen und der Produktivität entwickeln sollten. Wenn also die Inflationsrate zwei Prozent betrage und die Produktivität um ein Prozent gestiegen sei, müssten die Löhne um drei Prozent steigen, hiess es in der Analyse: «Folglich bleibt die Verteilung der Einkommen zwischen Arbeitnehmenden, Arbeitgebern bzw. Aktionären stabil.»
Heruntergebrochen auf die verschiedenen Branchen resultierte daraus die Forderung nach Lohnerhöhungen von 3.5 bis 4.5 Prozent. In Branchen, in denen 2022 nicht der volle Teuerungsausgleich gewährt worden sei, bestehe zusätzlicher Nachholbedarf, sagte Tscherrig.
 
Gastgewerbe ist unzufrieden
 
Spielraum für Lohnerhöhungen ist laut Travailsuisse vorhanden. Dies zeigten anhaltende Zuwächse bei der Produktivität und Betriebsgewinne, welche inzwischen höher seien als noch vor der Pandemie.
 
Die ersten Lohnrunden stimmten die Gewerkschaften allerdings wenig zuversichtlich. Im Gastgewerbe sind die Lohnverhandlungen bereits abgeschlossen. Das Ergebnis bezeichnete Roger Lang, Leiter Rechtsdienst und Sozialpolitik der Hotel & Gastro Union, vor den Medien als «ernüchternd».
 
Gerade angesichts der hervorragenden Geschäftssituation im Gastgewerbe, der sehr hohen Arbeitsbelastung und des weit verbreiteten Arbeitskräftemangels sei der Lohnabschluss erneut mehr als unbefriedigend, sagte Lang. Neben dem Teuerungsausgleich erfolge auf den Mindestlöhnen eine Reallohnerhöhung von fünf Franken. «Das reicht gerade mal für einen Kaffee mehr pro Monat.»
 
Arbeitgeberverband kontert
 
Bereits Anfang Juli trat der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SBG) vor die Medien. Er forderte eine generelle Lohnerhöhung von fünf Prozent. Der Arbeitgeberverband wies die Forderung aber umgehend zurück. Eine solche Lohnerhöhung wäre für Unternehmen weder tragbar noch gerechtfertigt, argumentierten die Arbeitgeber.
Ein neues Lohnpapier des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes analysiert die Situation der Löhne in der Schweiz diametral anders als die Gewerkschaften: Es zeige sich, dass sich die wirtschaftliche Lage in der Schweiz zunehmend – im Gleichschritt mit der globalen Situation – eintrübe. Die geforderten Lohnerhöhungen seien weder realistisch noch durch die Faktenlage gedeckt. ​(sda/red)

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