Bundesrat lehnt Volksinitiativen zur Abschaffung der Heiratsstrafe ab

Donnerstag, 27. Juni 2024
Der Bundesrat lehnt die von der Mitte im Februar lancierten Volksinitiativen zur Abschaffung der «Heiratsstrafe» bei der direkten Bundessteuer und bei der AHV ohne Gegenvorschlag ab. Beide Initiativen stünden im Widerspruch zur Einführung der vom Parlament verlangten Individualbesteuerung.

Die Annahme der Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare - Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» würde die Einführung der Individualbesteuerung ohne erneute Verfassungsänderung somit ausschliessen, so der Bundesrat. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers würde eingeschränkt. Die Landesregierung verwies dabei auf den im Parlament hängigen, indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» der FDP-Frauen. Eine Ablehnung der Volksinitiative sei kohärent mit den jüngeren Beschlüssen von Parlament und Bundesrat zur Besteuerung von Ehepaaren.

Tiefere Steuerrechnung für Verheiratete?

Die Initiative der Mitte will auf Verfassungsstufe festschreiben, dass das Einkommen von Ehepaaren in der Steuererklärung zusammengerechnet wird. Die heute geltende Gemeinschaftsbesteuerung von Ehepaaren soll damit beibehalten werden. Allerdings soll der Gesetzgeber sicherstellen, dass Ehepaare gegenüber anderen Personen nicht benachteiligt werden. Dies soll geschehen, indem für Verheiratete bei der Bundessteuer neben der gemeinsamen eine alternative Steuerrechnung vorgelegt wird, anhand des Tarifs und der Abzüge für Unverheiratete. Den tieferen Betrag müsste das Paar dann bezahlen.

Unverheiratete wären weiterhin benachteiligt

Der Bundesrat teile das Ziel der Beseitigung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren zwar grundsätzlich, hiess es weiter. Die Volksinitiative würde Mehrbelastungen bei Ehepaaren (Heiratsstrafe) abschaffen. Eine Benachteiligung von unverheirateten Paaren (Heiratsbonus) bliebe aber weiterhin bestehen, so die Landesregierung.

Geringere Förderung der Gleichstellung

Weiter seien die Erwerbsanreize für Zweitverdienende bei einer gemeinsamen Besteuerung im Vergleich zur Individualbesteuerung kleiner. Die Gleichstellung von Frau und Mann werde dadurch weniger stark gefördert und die Möglichkeit zur besseren Ausschöpfung des inländischen Arbeits- und Fachkräftepotentials nicht gleichermassen genutzt, schrieb der Bundesrat. Auch würden dem Bund Mindereinnahmen entstehen.

Bei der Bundessteuer müssen verheiratete und eingetragene Paare im Vergleich zu Konkubinatspaaren gegenwärtig mehr Geld abliefern. Davon betroffen waren nach Angaben des Bundes von 2019 rund 454000 Zweiverdiener-Ehepaare und 250000 Rentner-Ehepaare. Das Bundesgericht hatte 1984 festgestellt, dass die steuerliche Diskriminierung verheirateter und eingetragener Paare gegenüber Konkubinatspaaren verfassungswidrig sei.

Plafonierung der Ehepaar-Rente abschaffen

Auch die zweite, die «Heiratsstrafe» betreffende Volksinitiative empfahl der Bundesrat dem Parlament zur Ablehnung. Das Begehren «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare - Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» will auch die Plafonierung der Maximalrente auf 150% für Ehepaare und eingetragene Partnerschaften eliminieren. Konkubinatspaare erhalten je eine volle AHV-Rente.

Verheiratete Paare würden in der AHV einen guten sozialen Schutz mit verschiedenen Leistungen geniessen, die nur ihnen zustehen würden, teilte der Bundesrat mit. Für die AHV würden bei einer Annahme der Initiative zudem Ausgaben von über 3.7 Mrd. Franken entstehen, davon 761 Mio. Franken für den Bund. Da die Initiative offen lasse, wie diese Kosten gedeckt würden, müsste das Parlament über die Finanzierung befinden, schrieb die Landesregierung weiter. Würden die aktuellen AHV-Finanzierungsquellen - wie Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer - gewählt, müsste die Bevölkerung die Zusatzkosten tragen, auch Geringverdienende oder unverheiratete Personen.

Der Bund sei weiter mit strukturellen Defiziten konfrontiert. Auch die Zusatzfinanzierung für die 13. AHV-Rente stehe noch aus. Nach wie vor eine grosse Herausforderung für das Gleichgewicht der AHV sei auch die demografische Entwicklung. Um die Finanzen der AHV nach 2030 zu stabilisieren, sei bereits eine nächste Reform geplant. Im Rahmen dieser Überlegungen würden AHV-Renten, die unabhängig vom Zivilstand sind, geprüft. (sda)

Artikel teilen


Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Folgen sie uns auf