Parlament will Selbstständigkeit genauer definieren

Mittwoch, 14. Juni 2023
Im Schweizer Sozialversicherungsrecht soll genauer definiert werden, wer als selbstständig erwerbend gilt. Beide Kammern haben eine entsprechende parlamentarische Initiative des Berner GLP-Nationalrats Jürg Grossen angenommen.

Mit 26 zu 16 Stimmen ohne Enthaltungen stellte sich der Ständerat gegen die Mehrheit ihrer Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK). Der Nationalrat hatte der Initiative Grossens bereits im September 2022 Folge gegeben. Die SGK des Nationalrats kann nun eine Vorlage ausarbeiten.

Mehr Gewicht für vertragliche Vereinbarungen

Grossen argumentiert in der Begründung seines Vorstosses mit neuen Entwicklungen in der Plattform-Wirtschaft. Er kritisiert, nach gegenwärtiger Rechtslage würden Erwerbstätige grundsätzlich oder im Zweifelsfall als Angestellte klassifiziert. Dies auch, wenn sich die Beteiligten einig seien, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt. Dies hemme die wirtschaftliche Entwicklung. Grossen will deshalb vertraglichen Vereinbarungen mehr Gewicht einräumen.

Die Mehrheit der SGK des Ständerats war dagegen der Ansicht, die heutigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen genügten. Faktisch führe die von Grossen geforderte Flexibilisierung dazu, dass Plattformbetreiber durchsetzen könnten, dass sich jemand als selbstständig anmelde, sagte Kommissionssprecher Damian Müller (FDP). Damit steige das Risiko, dass unternehmerische Risiken abgewälzt würden. Hans Stöckli (SP) hob hervor, die Plattform-Wirtschaft betreffe nur einen kleinen Teil der erwerbstätigen Bevölkerung.

Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen vermeiden

Hannes Germann (SVP) argumentierte dagegen mit Erfolg, mit dem Entstehen neuer Geschäftsmodelle müsse auch das Gesetz angepasst werden. Es handle sich um ein «ur-liberales» Anliegen. Peter Hegglin (FDP) vertrat die Ansicht, allfällige Schwierigkeiten, beispielsweise, was die Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen angehe, könne man bei der Erarbeitung einer Vorlage lösen. Bereits in der zuständigen Nationalratskommission hatte sich eine linke Minderheit gegen die Initiative gewehrt. Sie fürchtete, eine Neuregelung könnte zu einer Schlechterstellung der Arbeitnehmenden führen. (sda)

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