Die Therapeutin bot ihre Dienste seit zehn Jahren dem Personal einer Waadtländer Schule an. Ab Beginn des Schuljahrs 2021 arbeitete mindestens die Hälfte der Mitarbeiter im Homeoffice. Dies führte zu einer Verringerung der Tätigkeit der Praktikerin.
Behördlich angeordnet oder nicht?
Ihren Antrag auf Covid-Erwerbsausfall lehnte die AHV-Kasse im Oktober 2021 ab, wie aus einem Urteil des Bundesgerichts hervor geht. Die Kasse vertrat die Ansicht, es handle sich beim von der Schule eingeführten Homeoffice nicht um eine von einer Behörde angeordnete Massnahme. Diese Entscheidung wurde vom Waadtländer Kantonsgericht aufgehoben.
Mit Unterstützung des Bundesamts für Sozialversicherungen legte die kantonale AHV-Kasse beim Bundesgericht Beschwerde ein. Das Bundesgericht stützt nun aber die Position des Kantonsgerichts. Das Bundesgerichts hat festgestellt, dass laut der damaligen Richtlinie der Schule Homeoffice in allen Situationen, die nicht unbedingt die Anwesenheit auf dem Campus erforderten, die Regel sein sollte. Die Angestellten wurden aufgefordert, Rotationen zu organisieren, sodass höchstens 50% vor Ort arbeiten mussten.
Vom Bund empfohlen
Nachdem die in der Covid-19-Verordnung vorgesehene Verpflichtung zum Homeoffice am 26. Juni 2021 aufgehoben worden war, wurde diese Massnahme vom Bundesrat weiterhin dringend empfohlen. Die Bundesrichter teilen die Einschätzung ihrer Waadtländer Kollegen, wonach die Schule diese Empfehlung befolgt habe, indem sie die Hälfte ihres Personals zur Arbeit zu Hause verpflichtete.
Auch wenn das Homeoffice nicht obligatorisch war, stellte es damals eine vom Bund festgelegte Massnahme dar, welche die Arbeitgeber nach Möglichkeit umsetzen mussten. Folglich war die Einkommenseinbusse der Therapeutin mit Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus verbunden.
Entschädigung für indirekt betroffene selbständig Erwerbende
In seinen Erwägungen erinnert das Bundesgericht daran, dass die Covid-Verordnung auch einen Anspruch auf Entschädigung für selbstständige Personen vorsah, die indirekt von den Massnahmen betroffen waren. (sda)
Urteil 9C_643/2021 vom 17. Januar 2023