Urteil: HIV-Ansteckung bei ungeschütztem einvernehmlichem Sex ist kein Unfall

Montag, 10. Juni 2024
Eine HIV-Ansteckung bei ungeschütztem einvernehmlichen Sex stellt keinen Unfall dar, auch wenn die angesteckte Person nichts von der Infektion des Gegenübers wusste. Dies hat das Bundesgericht im Fall einer Frau entschieden. Sie wurde von ihrem langjährigen Partner infiziert, der deshalb strafrechtlich wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurde.

Im konkreten Fall hatte der Partner seiner Freundin nichts von seiner HIV-Positivität erzählt. Die Unfallversicherung verneinte 2021 eine Leistungspflicht. Sie argumentierte damit, es liege kein Unfall im rechtlichen Sinne vor. Das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft wies eine Beschwerde der Frau gegen diesen Entscheid ab. Auch das Bundesgericht geht in seinem Leiturteil nicht von einem Unfall aus.

Was ist ein Unfall?

Ein Unfall liege von Gesetzeswegen bei einer plötzlichen, nicht beabsichtigten schädigenden Einwirkung eines ungewöhnlichen Ereignisses auf den menschlichen Körper vor. Sei eines der Kriterien nicht erfüllt, könne die durch ein Ereignis verursachte Beeinträchtigung der Gesundheit allenfalls als Krankheit gelten, womit die Krankenversicherung zuständig sei.

Typische Übertragung

Vorliegend gebe es keinen ungewöhnlichen äusseren Faktor. Ein Gesundheitsschaden als Folge einer Infektion sei eine Krankheit, wenn der Erreger auf eine typische Art in den Körper gelange. Die Ansteckung sei durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr mit dem Partner erfolgt und damit auf eine für die Übertragung des HI-Virus typische Weise. Nichts daran ändert laut Bundesgericht, dass die Frau nicht von der Infektion ihres Partners wusste und eben so wenig die strafrechtliche Verurteilung.

Das Bundesgericht ging in der Vergangenheit davon aus, dass ein ungewöhnlicher Faktor beziehungsweise eine untypische Übertragung des Erregers vorliege, wenn jemand sich durch den Griff in eine Spritze mit dem HI-Virus ansteckte. Auch eine Borreliose-Infektion nach einem Zeckenbiss gilt als Unfall.

Urteil 8C_348/2023 vom 3. Mai 2024

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