Sowohl in der Schweiz als auch im Ausland entwickeln sich immer mehr Arbeitsplattformen wie Uber, Helpling oder batmaid, die Dienstleistungen anbieten, die von meist selbständig Erwerbenden ausgeführt werden. Dabei ist der tatsächliche Status der Dienstleistungserbringer mit Rechtsunsicherheiten behaftet (angestellt vs. selbstständigerwerbend). Der vom Bundesrat verabschiedete Bericht befasst sich mit der sozialen Absicherung der Plattformbeschäftigten, mit der Rechtssicherheit und mit der Frage, ob das Sozialversicherungsrecht flexibler ausgestaltet werden müsse, um den Herausforderungen dieser neuen Arbeitsformen zu begegnen. Der Bericht geht zurück auf mehrere parlamentarische Vorstösse sowie eine vom Bundesamt für Sozialversicherungen BSV in Auftrag gegebene Studie zur Funktionsweise von in der Schweiz ansässigen Unternehmen der digitalen Wirtschaft.
Risiko von Prekarisierung
Plattformarbeit wird häufig in Teilzeit und als Nebenerwerb ausgeübt. Der Bericht weist auf ein Prekarisierungsrisiko für bestimmte Personengruppen in solchen Erwerbssituationen hin. Insbesondere Personen, die die Eintrittsschwelle in die 2. Säule nicht erreichen und sich keine ausreichende Vorsorge aufbauen können, seien davon betroffen. Der Bericht prüft verschiedene Ansätze zur Verbesserung der sozialen Absicherung von Personen, die über längere Zeit Plattformbeschäftigungen nachgehen. Damit könnte eine Verlagerung in das System der Ergänzungsleistungen oder der Sozialhilfe vermieden werden, beispielsweise bei Invalidität.
Status der Plattformbeschäftigten rascher bestimmen
Nach Ansicht des Bundesrates bietet das aktuelle System der sozialen Sicherheit genügend Flexibilität, weshalb er zum jetzigen Zeitpunkt keinen Bedarf sieht, diese zu erhöhen. Angesichts der raschen Entwicklungen der digitalen Wirtschaft ist es aber zentral, dass die Beschäftigten rasch über ihre versicherungsrechtliche Situation Bescheid wissen. Hier sieht der Bundesrat noch Optimierungspotenzial.
Ausserdem prüft der Bericht die Fähigkeit des Sozialversicherungssystems, den Herausforderungen der Coronakrise zu begegnen. Es zeige sich, dass die Schweiz rasch und flexibel reagieren konnte. Die Krise habe aber auch die wirtschaftliche und soziale Fragilität gewisser Selbstständig- und Unselbstständigerwerbender verdeutlicht.
Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass die verschiedenen im Bericht ausgeführten Optionen zum heutigen Zeitpunkt keiner weiteren Prüfung bedürften.
SGB: Besserer Schutz von Plattformangestellten notwendig
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund begrüsst die vom Bundesrat verabschiedete Auslegeordnung über neue Arbeitsformen und Soziale Sicherheit, wie es in einer Mitteilung dazu heisst. Der Bericht verdeutliche klar, dass die Frage, ob jemand angestellt oder selbstständig ist, nicht «frei» gewählt bzw. in einer Parteivereinbarung beschlossen werden kann. Der Schutz für die Beschäftigten habe Vorrang.
Der SGB lehnt eine Einführung von Wahlfreiheit oder Parteivereinbarung, wie sie manche fordern, ab. Auch eine Schaffung eines dritten Erwerbsstatus für Plattformangestellte sieht der SGB nicht. Diese drei Optionen führten zu einem wesentlich schlechteren sozialversicherungsrechtlichen Schutz der betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter, zu einer Risiko- und Kostenverlagerung zulasten der Beschäftigten und zu einer Privatisierung der Sozialversicherungen, so die Einschätzung des SGB.
Um den sozialen Schutz der Plattformbeschäftigten zu stärken, fordert der SGB, Einkommen aus Plattformarbeit als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit anzuerkennen. Nur so sei Rechtssicherheit gegeben. (he)