Grosse Lohnunterschiede bei den Kulturschaffenden

Dienstag, 01. Oktober 2024 - Simon Bühler
Die Statistik der Kulturwirtschaft des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt erstmals detaillierte Daten zu den atypischen Arbeitsbedingungen und zur Lohnstruktur im Kultursektor. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist gross und die soziale Sicherheit bleibt ein Sorgenkind.

Im Jahr 2023 gab es in der Schweiz 285000 Kulturschaffende, was 5.6% aller Erwerbspersonen entspricht. In der Schweiz verdienten die Kulturschaffenden im Jahr 2023 im Median 69600 Franken, bei Teilzeit waren es 45700 Franken. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist gross: Eine weibliche Kulturschaffende verdiente bei Vollzeit 78000 Franken, ihr männlicher Kollege 98000 Franken.

Atypische Arbeitsbedingungen sind, laut den Erhebungen des BFS bei den Kulturschaffenden weit verbreitet: 50% unter ihnen arbeiten Teilzeit (gegenüber 38% aller Erwerbstätigen), 14% haben eine Mehrfachbeschäftigung (8% in der Gesamtwirtschaft), und der Anteil der Selbständigen ist mit 27% deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft (14%). Basierend auf der Definition des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) umfasst Kultur auch die Medien sowie Bereiche, in denen Kreativität eine zentrale Rolle spielt, so z.B. Architektur, Videospiele oder Werbung.

Kulturschaffende ausserhalb des Kultursektors verdienen am meisten

Im Jahr 2023 verdienten Kulturschaffende 69600 Franken (Medianwert), gegenüber 72000 Franken in der Gesamtwirtschaft. Berücksichtigt sind dabei auch Selbständige, die sich durch ihre eigene Firma entlöhnen. Bei Vollzeit (90% - 100%) verdienten die Kulturschaffenden mit 91000 Franken mehr als in der Gesamtwirtschaft (85500 Franken). Kulturschaffende sind im Schnitt besser ausgebildet: 59% haben einen Tertiärabschluss, gegenüber 44% aller Erwerbspersonen. Bei Teilzeit (<90%) hatten die Kulturschaffenden mit 45700 Franken im Jahr 2023 einen vergleichbaren Lohn wie in der Gesamtwirtschaft (43600), wobei wie erwähnt Teilzeit in der Kultur weit verbreitet ist.

Bei Vollzeit verdienten Personen mit einem Kulturberuf im Kultursektor (z.B. Musikerin in einem Orchester) mit 90000 Franken mehr als Personen, die in nicht-kulturellen Berufen im Kultursektor arbeiten (86500 Franken). Dies ist z.B. ein Buchhalter an einem Theater. Am meisten verdienten Personen, die einen kulturellen Beruf ausserhalb des Kultursektors ausüben (z.B. Grafikerin in einer Bank). Sie erzielten 98000 Franken.

Auch in der Kultur verdienen Frauen weniger als Männer

Der Lohnunterschied nach Geschlecht ist bei den Kulturschaffenden ausgeprägt. Männer verdienten 2023 in der Kultur 85000 Franken, Frauen 56700 Franken. Dieser Unterschied ist aber vergleichbar mit der Gesamtwirtschaft (Männer: 84500 Franken, Frauen: 58400 Franken). Diese Werte hängen stark vom Beschäftigungsgrad ab: Wie in der Gesamtwirtschaft arbeiten auch bei den Kulturschaffenden Frauen deutlich öfter Teilzeit (65% unter ihnen) als Männer (36%). Doch auch bei Vollzeit verdienten weibliche Kulturschaffende klar weniger als männliche (78000 Franken gegenüber 98000 Franken). Miterklärt wird dies durch die Stellung im Beruf: Auch in der Kultur haben Frauen deutlich seltener als Männer eine Leitungsfunktion inne (22% gegenüber 37%).

Es existieren auch Unterschiede nach Nationalität und Migrationshintergrund: Verdienten Kulturschaffende mit Schweizer Pass im Jahr 2023 bei Vollzeit 92400 Franken, erhielten ausländische Kulturschaffende 84000 Franken. Desgleichen verdienten Kulturschaffende mit Migrationshintergrund weniger (86000 Franken) als solche ohne Migrationshintergrund (92700 Franken).

Neuer Ratgeber zur sozialen Sicherheit von Kulturschaffenden

Die Herausforderungen, sich sozial bestmöglich abzusichern, sich ausreichend zu informieren und beraten zu lassen, betrifft alle Kultursparten gleichermassen. Um das Informations- und Aufklärungsangebot für alle Kulturschaffenden zu vereinfachen und niederschwellig zugänglich zu machen, hat Suisseculture Sociale (SCS) einen bestehenden Ratgeber grundlegend überarbeitet. SCS versteht sich als Kompetenzzentrum für soziale Sicherheit im Kulturbereich.

«Artists Take Action» heisst eine neu lancierte Initiative von SCS, die in Kooperation mit dem Dachverband der professionellen Kulturschaffenden Suisseculture und in Zusammenarbeit mit den Mitglieder- und Berufsverbänden der Kulturbranche entstanden ist. Nebst einem eigenen Sozialfonds für Kulturschaffende in Not führt SCS eine Lobbystelle, die seit 1999 die sozialpolitischen Interessen der Mitgliederverbände gesamtschweizerisch vertritt.

Der neue Ratgeber umfasst weitreichende Informationen rund um die soziale Sicherheit für Kulturschaffende und wurde von Expertinnen und Experten aus dem Kultur- und Sozialversicherungsbereich unter Mitarbeit von Vertreterinnen und Vertretern aus verschiedenen Kunstsparten und Sprachregionen konzipiert, erarbeitet und umgesetzt. Er richtet sich an Kulturschaffende von Berufseinsteigern bis zu Personen mit langjähriger Berufserfahrung sowie mit oder ohne Mitgliedschaft bei einem Berufsverband.

Um die Kulturschaffenden in der Schweiz möglichst breit auf das neue Informationsangebot aufmerksam zu machen, wird die Lancierung des Ratgebers von einer nationalen Sensibilisierungskampagne begleitet, unterteilt in eine Teaser- und eine Hauptkampagne. Die im Herbst 2023 lancierte Teaser-Kampagne hatte zum Ziel, die Kulturschaffenden zu mobilisieren, ihre dringenden Fragen rund um die soziale Sicherheit einzureichen. Dabei sind über 400 Fragen eingegangen, die thematisch in die Umsetzung des Ratgebers eingeflossen sind.

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