Im konkreten Fall rügte eine Person vor dem Bundesgericht, dass die Praxis für die Festsetzung des Invaliditätsgrades gemäss dem bis Ende 2021 geltenden IV-Recht bei behinderten Personen mit den Lohntabellen diskriminierend sei. Diese Tabellenlöhne würden weitgehend die Löhne von Gesunden widerspiegeln. Um den behinderungsbedingten Folgen bei einem Invalideneinkommen angemessen Rechnung zu tragen, würden Experten vorschlagen, jeweils vom untersten Viertel dieser Tabellenlöhne auszugehen.
Normalerweise wird bei der Berechnung des Invaliditätsgrades das Einkommen, das eine behinderte Person nach Eintritt ihrer Invalidität erzielt oder erzielen könnte (Invalideneinkommen) jenem gegenüber gestellt, das es ohne Eintritt der Invalidität erzielt hätte (Valideneinkommen). Dies führt das Bundesgericht in einer Medienmitteilung aus.
Regelmässige Erhebung
Habe eine Person vor dem Eintritt ihrer Invalidität keine Tätigkeit ausgeübt, kämen die besagten Lohntabellen zum Einsatz. Dabei werde jeweils vom Medianlohn ausgegangen. Die Lohntabellen werden alle zwei Jahre durch das Bundesamt für Statistik erhoben. In diesen wird von einem Arbeitsmarkt ausgegangen, in dem sich Angebot und Nachfrage die Waage halten und nicht vom konkreten Arbeitsmarkt.
Unter Berücksichtigung des Einzelfalls besteht laut Bundesgericht die Möglichkeit, vom ermittelten Tabellenlohn einen so genannten leidensbedingten Abzug von maximal 25% vorzunehmen. Zudem kann bei Personen, die bereits vor ihrer Invalidität ein unterdurchschnittliches Einkommen bezogen, ebenfalls eine Korrektur vorgenommen werden.
Korrekturen möglich
Bei diesem Vorgehen will das Bundesgericht bleiben. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass auch gesundheitlich eingeschränkte Personen einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz finden könnten. Kämen die Lohntabellen zum Einsatz, werde dabei gemäss bundesgerichtlicher Praxis auf den Medianlohn abgestellt. Dieser eigne sich als Ausgangswert für die Ermittlung des Invalideneinkommens. Mit den Korrekturinstrumenten könne dann dem Einzelfall Rechnung getragen werden.
Urteil 8C_256/2021 vom 9. März 2022