Kolumne: Im Herbst werden unsere Gesundheitspolitiker kreativ

Mittwoch, 29. November 2023 - Adrian Schärli
Ein Rezept, mit dem man sowohl die Kosten senken als auch gleichzeitig das Leistungsniveau halten kann, gibt es nicht.

In der Schweiz hat es Tradition, dass Alain Berset vor die ­Medien tritt und die neuen Prämien der Krankenversicherer verkündet. Ändern wird mit dem Wechsel im EDI nur, dass eine neue Person den Schwarzen Peter für die jährlichen Prämienerhöhungen bekommen wird.

Auch gleichbleiben wird, dass bürgerliche Parteien einen Abbau des Leistungskatalogs der Krankenversicherer bis hin zur Aufhebung des Obligatoriums fordern werden, während die Linken der Schweiz eine staatliche Einheitskasse verordnen möchten, mit der dann alles besser wird. Und aus der Mitte kommt die Idee, man müsste halt einfach die Kosten bremsen.

Gut gemeinte Vorschläge mit etlichen Pferdefüssen

Eine staatliche Einheitskasse möge Besserung bringen. Aus 44 Grundversicherern sollen 26 kantonale Einheitskassen werden. Die Wahl, ob man lieber eine sehr dienstleistungsorientierte oder dann doch eine mitarbeiterarme Internetkasse hat, fiele weg. Zusatzversicherungen hätte man dann immer bei anderen Kassen. Und das, um eventuell ein wenig an den 5.1% Verwaltungskosten schrauben zu können? Wohl eher nicht.

Die Kostenbremse-Initiative der Mitte ist gegen den Kostenanstieg wie wir alle. Wenn die Kosten steigen, müssen Bund und Kantone etwas dagegen tun. Was das ist, sagt die Initiative nicht, aber es soll wirken. Sie ordnet also etwas an, was wir bereits heute von unserer Regierung erwarten und diese wohl bereits präsentiert hätte, wenn es denn so einfach wäre.

Kosten durch neue Versicherungsmodelle und Streichung von Leistungen möchte die FDP herbeiführen. Komplementärmedizin aus dem Leistungskatalog streichen und Maximalfranchisen erhöhen. Damit würden wir also mehr Leistungen selbst bezahlen. Das Problem? Die Kosteneinsparungen bei der Komplementärmedizin wären bei homöopathischen 2 Promille und höhere Franchisen lassen sich zum Jahreswechsel zurücksetzen, sollte man einmal wirklich schwer krank sein. Auch das scheint nicht zielführend zu sein.

Noch unsozialer ist die SVP-Idee, wie sie von der Zürcher Regierungsrätin Nathalie Rickli genannt wurde: die Aufhebung der sozialen Krankenversicherung. Wohin das führt, sieht man mit Blick über den Atlantik. Menschen lassen sich bei Bedarf nicht mehr behandeln, was zu einer schlechteren Volksgesundheit führt. Prävention wird zu einem Thema, das bestenfalls durch private Gesundheitsanbieter bewirtschaftet wird. Und wenn dann einmal jemand wirklich Hilfe braucht, wird im Internet medienwirksam per Crowdfunding gesammelt. Zustände, die in der diskreten Schweiz kaum Anklang finden würden.

Ein Rezept, mit dem man sowohl die Kosten senken als auch gleichzeitig das Leistungsniveau halten kann, gibt es nicht. Klare Verhältnisse sind gefragt. Veraltete Tarife sollen aktualisiert werden, um erbrachte Leistungen besser abbilden zu können. Zudem würde die Abschaffung der ungleichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen falsche Anreize beheben. Massnahmen, die zwar keinen Erdrutsch bei der Prämienhöhe bewirken, jedoch für die Zukunft die Kosten ehrlich abbilden.

Da unsere Versicherten wohl kaum bereit sind, auf die heutige Versorgungsdichte zu verzichten und somit längere Wartezeiten in Kauf zu nehmen, bliebe wohl nur eine andere Finanzierung der Prämien. Das wäre dann aber eine grössere Reform, die an den Kosten nichts ändert und nach einer längeren politischen Debatte ruft.

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