Länger leben – länger arbeiten? Pensionierung in Zahlen

Dienstag, 27. April 2021
Eine neue Studie von Swiss Life zeigt Bereitschaftspotenzial bei der Schweizer Bevölkerung für eine verlängerte Erwerbstätigkeit über das aktuelle Rentenalter hinaus – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

Studiendesign

Die Studie basiert auf mehrere Datenquellen: Auf einer systematischen Auswertung der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) und der Syntheseerhebung Soziale Sicherheit und Arbeitsmarkt (SESAM) des Bundesamts für Statistik. Zudem führte das Marktforschungsinstitut ValueQuest GmbH im Auftrag von Swiss Life in der zweiten Oktoberhälfte 2020 eine repräsentative Bevölkerungsbefragung im Rahmen eines Online-Panels (meinungsplatz.ch) durch. Teilgenommen haben 1472 Personen im Alter 55-70, die aktuell erwerbstätig sind oder dies vor der Pensionierung waren.

Wäre die Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters für die Schweizer Bevölkerung eine akzeptable Massnahme, um systemfremde Querfinanzierung der Pensionen einzudämmen? Swiss Life analysierte Zahlen, Fakten und Wünsche der Schweizer Bevölkerung rund um den Altersrücktritt.

Anatomie des Altersrücktritts

Rund ein Drittel der Männer und ein Fünftel der Frauen arbeitet über das ordentliche Rentenalter hinaus, und zwar sehr häufig in Teilzeit auf dem Weg in eine schrittweise Pensionierung.

  Durchschnittliches Alter beim vollständigen Austritt aus dem Arbeitsmarkt 2019 Durchschnitt Anteil Erwerbstätiger im Alter von 64 Jahren (2015-2019) Quote Frühpensionierte 2015-2017

Durchschnitt Anteil Erwerbstätiger nach Pensionierung (2015-2019)

Frauen 65.2 Jahre 46% 35%

Alter 65: 22%

Alter 70: 14%
Männer 66 Jahre 53% 40%

Alter 66: 30%

Alter 70: 20%

Rund die Hälfte der Männer bezieht bereits vor dem ordentlichen Rentenalter Altersleistungen, vor allem aus der 2. Säule. Vor dem ordentlichen Rentenalter ist die Kombination von Altersleistungsbezug und Erwerbstätigkeit nicht selten. So sind 18% aller Männer und 12% aller Frauen in den beiden Jahren vor dem ordentlichen Rentenalter erwerbstätig und haben zu diesem Zeitpunkt bereits eine Altersleistung in Form einer Rente oder von Kapital bezogen.

Das ideale Pensionierungsszenario

Nur wenige Befragte, nämlich gerade 7%, bezeichnen sich als unfreiwillig pensioniert. Von denjenigen, die im Alter von über 66 Jahren noch arbeiten, geben 66% Arbeitsfreude als Grund an, gefolgt von 26%, die finanzielle Gründe nennen. 63% der Befragten hadern nicht mit ihrem Pensionierungszeitpunkt. Sie würden den gleichen Zeitpunkt wieder wählen. Bei der Frage nach dem gewünschten Pensionierungsalter scheiden sich allerdings die Geister: 51% der Befragten wünschen sich einen früheren Zeitpunkt als 64/65 Jahre, teilweise in Verbindung mit einem Teilzeitpensum.

Die Bereitschaft zukünftig oder retrospektiv eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit gut zu heissen machen 48% der befragten 50-70-Jährigen von Arbeitsbedingungen abhängig. Ca. ein Drittel erklärt ein klares Nein.

Lebensarbeitszeit verlängern? Lebensarbeitszeit verlängern?

Zu den Bedingungen für einen späteren Eintritt in die Pension gehört für die Befragten vor allem eine entsprechende Gesundheit. Ausserdem sehr wichtig sind Wertschätzung und positives Betriebsklima.

Bedingungen für das Arbeiten über das Pensionierungsalter hinaus Bedingungen für das Arbeiten über das Pensionierungsalter hinaus

Berufsgruppen und Erwerbstätigkeit nach dem ordentlichen Rentenalter

Die Analyse zeigt einen Zusammenhang zwischen Bildung und Arbeit über das gesetzliche Rentenalter hinaus.

Zwischen den Jahren 2015 bis 2019 waren 35% aller 65- bis 70-jährigen Männer mit Universitäts-, Fachhochschulabschluss oder höherer Berufsausbildung erwerbstätig, aber nur 23% mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II. Bei den 65-/66-jährigen Männern mit Tertiärabschluss steigt dieser Wert auf 41%.

Neben der Bildung spielt auch die Wohnregion eine Rolle: Personen aus der Deutschschweiz sind im Schnitt deutlich häufiger nach dem ordentlichen Rentenalter erwerbstätig als Personen aus der Westschweiz und dem Tessin.

Regionale Unterschiede des Anteils der über 64/65-Jährigen Erwerbstätigen Regionale Unterschiede des Anteils der über 64/65-Jährigen Erwerbstätigen

Zwischen Selbstständigen und Angestellten bestehen erhebliche Unterschiede: Während Selbstständige und mitarbeitende Familienmitglieder bei 55- bis 64-Jährigen lediglich rund 20% der Erwerbstätigen ausmachen, sind es ab dem ordentlichen Rentenalter 55%.

Bei allen betrachteten soziodemografischen Gruppen überwiegt die Freude an der Arbeit als Grund für die Erwerbstätigkeit nach dem ordentlichen Rentenalter. Besonders stark ausgeprägt ist dies bei tertiär Ausgebildeten, Erwerbstätigen in Führungs- und akademischen Berufen sowie in freiberuflichen und staatsnahen Branchen. Weniger häufig – aber trotzdem deutlich öfter als «finanzielle Gründe» – wird «Freude an der Arbeit» tendenziell von Personen mit Berufslehre als höchstem Abschluss und in handwerklich geprägten Berufen und Branchen angegeben.

Paradigmenwechsel auch bei älteren Erwerbstätigen?

Ältere Arbeitnehmende nutzen bereits vielfach die Möglichkeiten, schrittweise aus der Erwerbstätigkeit in die Pensionierung zu wechseln. Eine generelle Heraufsetzung des ordentlichen Rentenalters wird jedoch kritisch gesehen. Hier zeigt die Studie ein ähnliches Bild, wie man es aus pauschalisierenden Aussagen über die Ansprüche an die Arbeitswelt der Millenial-Generation kennt: Wünsche nach Wertschätzung, Einklang von individuellen Bedürfnissen mit denen der am Arbeitsplatz geforderten Ansprüche und einer erfüllenden Aufgabe spiegeln sich in den Ergebnissen dieser Befragung wider und werden als Bedingungen genannt. Die Autoren der Studie sprechen von einem «unmissverständlichen Wink an die Unternehmen», einen Betrag zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit für ältere Menschen zu leisten.

Studienergebnisse im Detail

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