Mehr Unterdeckungen, kaum noch Umverteilung

Dienstag, 09. Mai 2023
Nach einem Jahr mit stark negativer Anlageperformance sind die Deckungsgrade der Vorsorgeeinrichtungen per Ende 2022 erheblich gesunken. Im Durchschnitt liegen sie aber immer noch über 100%. Wie im Vorjahr fiel die Umverteilung zwischen aktiven Versicherten und Rentenbeziehenden gering aus.

«Es macht den Anschein, als ob wir nicht mehr aus dem Krisenmodus herausfinden», sagte Vera Kupper Staub, Präsidentin der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV), vor den Medien. Das sei auch für die Pensionskassen herausfordernd. «Insgesamt ist das Gesamtrisiko der Vorsorgeeinrichtungen signifikant gestiegen», hielt Catherine Pietrini, Vizepräsidentin der OAK BV, fest. Ende 2022 befanden sich gemäss dem neusten Lagebericht der Oberaufsicht 16.1% der Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung. Im Vorjahr waren es 0.1% gewesen.

Negative Realverzinsung wegen Teuerung

Grund für die Entwicklung war insbesondere die stark negative Performance in den zentralen Anlagekategorien Aktien und Obligationen, aber auch in fast allen anderen Anlagekategorien. Die durchschnittliche Netto-Vermögensperformance der Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösung betrug im Jahr 2022 -9.2% - nach plus 8% im Vorjahr. Für Pensionskassen mit Staatsgarantie sah es ähnlich aus.

Per Ende 2022 wiesen noch 84% der Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösung einen Deckungsgrad von mindestens 100% aus - gegenüber mehr als 99% im Vorjahr. In der Folge sank die durchschnittliche Verzinsung der Altersguthaben der aktiven Versicherten innert Jahresfrist von 3.7 auf 1.9%. Aufgrund der Jahresteuerung von 2.8% erhielten so viele aktive Versicherte eine negative Realverzinsung auf dem Vermögen der beruflichen Vorsorge.

Sanierungsbeiträge nur in seltenen Fällen

Eine Unterdeckung bedeutet für laufende Renten nichts. Sie sind in der 2. Säule garantiert. Eine Unterdeckung zieht auch nicht automatisch Sanierungsmassnahmen nach sich. «Zum aktuellen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass Sanierungsbeiträge nur in wenigen Fällen notwendig sein dürften», so Pietrini. Der Zinsanstieg hat laut Kupper Staub auch eine gute Seite: Damit würden die Zinsversprechen in Zukunft mit weniger Risiko finanzierbar sein. Zudem stärke die vom Parlament beschlossene Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 auf 6% die finanzielle Stabilität des Systems. Über die Reform wird voraussichtlich das Stimmvolk befinden.

Die Umverteilung bleibt gering

Die Schätzung der Umverteilung zeige im Berichtsjahr wie im Vorjahr ein praktisch ausgeglichenes Verhältnis der Aufwendungen für die aktiven Versicherten und die Rentenbeziehenden, jedoch falle sie erstmals seit der Schätzung durch die OAK BV (ab 2014) zu Gunsten der aktiven Versicherten aus (0.2 Mrd. Franken). Entsprechend hat sich auch die Umverteilung im Durchschnitt über die letzten fünf Jahre (0.4 % des Vorsorgekapitals der aktiven Versicherten und Rentenbeziehenden) weiter verringert.

Es sei zu erwarten, dass mit den von den Vorsorgeeinrichtungen während den letzten mindestens zehn Jahren getroffenen Massnahmen (Senkung Umwandlungssatz und
Senkung technische Zinssätze) sowie mit dem im Berichtsjahr beobachteten deutlichen Anstieg des Zinsniveaus die Umverteilungsphase zulasten der aktiven Versicherten zu ihrem Ende gekommen ist. Zu beachten sei, dass dies nicht für die BVG-Minimalkassen gelte. Für diese Einrichtungen werde es erst mit der BVG-Reform möglich sein, ein nahezu ohne Umverteilung finanzierbares Leistungsniveau umzusetzen.

Über die Umfrage

Die OAK BV führte per Ende 2022 die Umfrage zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen zum elften Mal durch. Die Kommission misst die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen anhand von vier Risikodimensionen: dem Deckungsgrad, dem Zinsversprechen, der Sanierungsfähigkeit und der Anlagestrategie.

Artikel teilen


Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Folgen sie uns auf