Mitarbeiterbindung durch Flexibilität

Dienstag, 15. September 2020 - Gregor Gubser
Eine zeitgemässe Mitarbeiterorientierung im Unter­nehmen umfasst eine gute Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Anforderungen. Über gesetzliche Ansprüche hinaus können ­Unternehmen ihren Mitarbeitenden noch mehr bieten, wie ­Alessandro Mileti von Swica erklärt.
Welchen Stellenwert hat die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familienaufgaben bei Swica?

Wir setzen uns dafür ein, dass die Work-Life-Balance für unsere Mitarbeitenden gut umsetzbar ist. Das müssen wir auch, denn wir könnten unsere Produkte nicht so anbieten, wenn wir es nicht vorleben würden. Was wir unseren Kunden anbieten, machen wir auch unseren Mitarbeitenden zugänglich.

Wie äussert sich dies?

Das äussert sich vor allem in Form von Teilzeitbeschäftigungen und flexibler Arbeitszeit. Wenn ein Mitarbeiter Unterstützung braucht, suchen wir auch individuelle Lösungen. Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden arbeitet in Teilzeit und über 80 Prozent der Mitarbeiterinnen kehren nach dem Mutterschaftsurlaub an ihren Arbeitsplatz zurück – allenfalls mit angepassten Aufgaben und einem Teilzeitpensum. Teilzeitpensen werden mittlerweile auch bei männlichen Mitarbeitenden gefördert, einschliesslich Kader. In meinem näheren Arbeitsumfeld haben kürzlich zwei Direktionsmitglieder ihr Pensum auf 90 respektive 80 Prozent gesenkt.

Die Möglichkeiten von Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten werden immer mehr genutzt. Viele Eltern können so die Kinderbetreuung besser mit der Arbeit vereinbaren und müssen gerade mit einem Teilzeitpensum nicht täglich Zeit fürs Pendeln aufwenden.

Hatte auch die Coronakrise Einfluss auf die Akzeptanz von Homeoffice?

Eindeutig. Während des Lockdowns haben rund 70 bis 80 Prozent der Mitarbeitenden im Homeoffice gearbeitet. Im Juli waren es noch rund 50 Prozent. Ich gehe davon aus, dass der Homeoffice-Anteil fortan etwas höher sein wird als vor der Krise. Schliesslich sind nun auch alle Mitarbeitenden entsprechend eingerichtet und von der IT ausgerüstet worden.

Was bietet Swica ihren Mitarbeitenden über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, wie sieht es zum Beispiel mit einer Kinderkrippe aus?

Da Swica mit über 50 Standorten sehr dezentral organisiert ist, bieten wir keine eigene Kinderbetreuung an. Im Gegenzug gewähren wir unseren Mitarbeitenden mit Teilzeitpensen, flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice die grösstmögliche Flexibilität bei der Kinderbetreuung.

Wie steht es um den Vaterschaftsurlaub?

Analog zum modularen Angebot im Rahmen der Krankentaggeldversicherung für unsere Kunden bieten wir auch unseren Mitarbeitenden eine grosszügige Lösung an. Der Mutterschaftsurlaub dauert bei uns 16 statt 14 Wochen und die Väter können einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub in Anspruch nehmen. Zudem sind über die gesetzliche Mutterschaftsentschädigung hinaus bei uns 100 Prozent des tatsächlichen Verdiensts versichert .

Alessandro Mileti Alessandro Mileti
Wir unterstützen unsere Mitarbeitenden durch unser Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen, flexiblen Arbeitszeiten und Home­office
bei der Kinderbetreuung.
Wie gut wird das Angebot des Vaterschaftsurlaubs angenommen?

In meiner Generation war und ist das weniger ein Thema. Aber die Gesellschaft hat sich verändert. Der Work-Life-Balance wird – auch bei Bewerbungen – immer mehr Gewicht beigemessen. Es ist kein Widerspruch mehr, einen guten Job zu machen und sich der Familienarbeit zu widmen. Auch die Rollenverteilung bei Müttern und Vätern hat sich nachhaltig verändert.

Welche Vorteile erwachsen dem Unternehmen aus diesen Angeboten?

Alle Massnahmen, die zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden beitragen und ihnen dabei helfen, Arbeit und Privates unter einen Hut zu bringen, helfen, gute Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden. Bleiben die Mitarbeitenden lange im Unternehmen, führt das zu langjährigen Beziehungen und zufriedenen Kunden. Wer auf seine Work-Life-Balance schaut, macht einen mindestens so guten Job wie jemand, der nur für den Job lebt. Vermutlich lebt diese Person auch gesünder und hat somit ein tieferes Ausfallrisiko. Wer sich für seinen Job interessiert und ihn gerne macht, macht ihn auch gut.

Gibt es für Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Leistungen über das Gesetz hinaus zu versichern?

Wir bieten im Zusammenhang mit der Krankentaggeldversicherung die Möglichkeit, die Mutterschaftsentschädigung grosszügiger auszugestalten. Die Mutterschaftsentschädigung nach Gesetz deckt während 14 Wochen 80 Prozent des versicherten Lohns bis zu einem maximalen Taggeld von 196 Franken. In unserem Zusatzmodul wird die Differenz zwischen dem gesetzlichen Taggeld und 90 Prozent des effektiven Lohns versichert. Zudem kann die Mutterschaftsentschädigung um zwei Wochen verlängert werden. Ebenfalls enthalten ist die Betreuung während der Schwangerschaft mit einem Care Management.
Für den Vaterschaftsurlaub haben wir kein eigentliches Produkt, eine Vaterschaftsentschädigung lässt sich aber versichern. Hier bieten wir individuelle Lösungen in Anlehnung an das Angebot für die Mutterschaft an. In der Regel werden zwei bis drei Wochen Vaterschaftsurlaub versichert.

Wenn KMU ihren Mitarbeitenden eine grosszügigere Mutterschaftsentschädigung bieten möchten, ist es sicher sinnvoll, dies zu versichern.
Gibt es Stolpersteine bei einer solchen Versicherung?

Wichtig ist, dass die Arbeitgebenden klar deklarieren, dass alle Mitarbeitenden versichert sind. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach der Elternzeit ist in der Regel kein Problem. Unsere Mitarbeitenden hängen manchmal noch einen oder mehrere Monate unbezahlten Urlaub an. In dieser Zeit ist es wichtig, die Unfalldeckung sicherzustellen – entweder durch eine Abredeversicherung nach UVG oder durch den Einschluss in die obligatorische Krankenversicherung. Wichtig ist auch, dass bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz die Unfallversicherung wieder zu gleichen Konditionen wie zuvor erfolgt und nicht etwa Gesundheitsvorbehalte angebracht werden.

Ist die zusätzliche Versicherung der Mutterschaft oder der Vaterschaft für jedes KMU finanzierbar?

Wenn KMU ihren Mitarbeitenden eine grosszügigere Mutterschaftsentschädigung bieten möchten, ist es sicher sinnvoll, dies zu versichern. Grosse Unternehmen können solche Leistungen sicher einfacher selber finanzieren. Hier ist aber eine sinnvolle Beratung durch den Versicherer angebracht. Die Prämien dafür dürften für ein KMU aber gut tragbar sein. Die Kosten dafür sind rund 10 Prozent der üblichen Krankentaggeldkosten. Das volle Paket für die Mutterschaft – 90 Prozent des effektiven Lohns sowie 16 statt 14 Wochen – kostet zusätzlich rund 50 Franken.

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