Nachgefragt: Der 1e-Markt wächst weiter

Dienstag, 08. Dezember 2020 - Claudio Zemp
Das Segment der sogenannten 1e-Pläne ist in rasantem Wachstum begriffen. Das Vorsorgemodell ist seit 2006 in Art. 1e BVV 2 reglementiert. 1e-Pläne sind über-überobligatorische Versicherungen, nur für Lohnanteile über 127 980 Franken (Status 2020; ab 2021 129 060 Franken). Der Versicherte kann aus unterschiedlichen Anlagestrategien wählen und muss das Altersguthaben als Kapital beziehen.

Nachgefragt bei Roger Ehrensberger, Senior Manager, PricewaterhouseCoopers AG, Co-Autor einer Marktstudie über 1e-Pläne in der Schweiz

Herr Ehrensberger, 1e-Pläne boomen. Wieso wächst dieser Markt so stark?

Der Hauptgrund liegt darin, dass die Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) im Jahr 2017 die Attraktivität dieser Vorsorgepläne für Arbeitgeber gesteigert hat. Seither sind sowohl Anlagerisiko als auch Anlageopportunitäten vollumfänglich dem Versicherten übertragen und das Risiko von möglichen Sanierungsbeiträgen entfällt. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass 1e-Pläne unter internationalen Rechnungslegungs-Standards als Beitragsprimats-Pläne ausgestaltet werden können. Zudem sind die Leistungen dieser Pläne transparent, was von den Versicherten geschätzt wird.

Wie verhalten sich die Versicherten bei der Wahl der Anlagestrategie?

Unsere Studie zeigt auf, dass die durchschnittliche Asset Allocation von 1e-Versicherten weniger risikoreich ist als beim Durchschnitt aller Pensionskassen in der Schweiz. Dies steht der Behauptung entgegen, dass Versicherte in 1e-Plänen riskant investieren, wenn sie die Freiheit haben, ihre Anlagestrategie selbständig festzulegen.

Gibt es auch aus Sicht der Pensionskasse Vorteile eines 1e-Plans?

Durch die Auszahlung der Altersleistungen in Kapitalform muss die Vorsorgeeinrichtung in der Regel kein Langlebigkeitsrisiko tragen und im Freizügigkeitsfall auch keine Mindestaustrittsleistungen garantieren. Sie kann zudem grundsätzlich nicht mehr in eine Unterdeckung fallen. Weitere Vorteile können sich im Einzelfall ergeben. So haben wir festgestellt, dass sich die Neugestaltung des Pensionskassen-Setup auch positiv auf die bisherige Pensionskasse ausgewirkt hat, indem ungewollte und unerwünschte Umverteilung zwischen verschiedenen Versicherten ausgemerzt werden konnte.

Was haben Arbeitgeber und HR zu bedenken?

Eine Pensionskassen-Planumstellung macht man nicht von heute auf morgen. Gerade bei der Einführung eines 1e-Plans bestehen erhöhte Kommunikationsanforderungen gegenüber den Versicherten, gerade bezüglich deren Mitwirkung im Entscheidungsprozess. Die Vorteile, Chancen und Risiken von 1e-Plänen sind gegenüber den Versicherten dabei klar zu kommunizieren.

Politisch sind 1e-Pläne umstritten, weil sie nur wenigen Gutverdienenden zugute kommen. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Nein. Es ist zwar richtig, dass heute nur rund 10% der Erwerbstätigen über 130 000 Franken verdienen. Aber die heute bestehende «Eintrittsschwelle» von rund 130 000 Franken basiert auf der Sorge des Gesetzgebers bei Inkrafttreten des Art. 1e BVV 2 im Jahr 2006. Seinerzeit sollte sichergestellt werden, dass der Sicherheitsfonds nie Leistungen an 1e-Pläne erbringen muss. Seit das Anlagerisiko durch die Versicherten getragen wird, ist diese Sorge unbegründet. Aus rechtlicher Sicht ist diese Eintrittsschwelle deshalb heute nicht mehr erforderlich; sie könnte durch den Gesetzgeber gesenkt werden.

Zeichnet sich eine Verlangsamung des Wachstums ab oder wird die Entwicklung weitergehen?

Die Entwicklung geht weiter. Die Mehrzahl der Firmen, die Besserverdienende beschäftigen, haben den Schritt hin zu einem 1e-Plan noch nicht gemacht. Das Potenzial für neue Versicherte ist da, hinzu kommt organisches Wachstum. Die befragten Anbieter gehen derzeit für die nächsten fünf Jahre von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von rund 15% aus.

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