Die Hochschule Luzern (HSLU) hat der Schweizer Bevölkerung beim Thema Altersvorsage auf den Zahn gefühlt. Der Fokus der Studie «VorsorgeDIALOG» wurde dabei auf das Thema Solidarität gelegt. Unter Solidarität werden in der Studie Umverteilungseffekte sowohl von Besserverdienenden zu Personen mit tieferen Einkommen sowie von Jung zu Alt verstanden. Insgesamt zeigen die Studienergebnisse, dass Solidarität in der Altersvorsorge für viele Versicherte wichtig ist.
Riesige Solidarität in der AHV
Die Solidarität in der 1. Säule ist gross: Eine überwiegende Mehrheit will Altersarmut vermeiden und dies solidarisch finanzieren. Nur gerade 1% der Befragten will keinerlei Finanzierung dafür aufbringen. «Diese hohe Solidarität reflektiert die Rolle der AHV als Umverteilungsgefäss für Menschen mit tieferem Einkommen», sagt die Studienleiterin Prof. Dr. Yvonne Seiler Zimmermann. Über die Hälfte der Befragten ist zudem der Meinung, dass Rentnerinnen und Rentner bei einer potenziellen Sanierung der 1. Säule nicht durch Rentenkürzungen belastet werden dürfen.
Finanzierung über Mehrwertsteuer erhält tieferen Zuspruch
Über ein Drittel (36%) der Befragten sprechen sich für eine noch stärkere Umverteilung in der AHV aus. «Das ist bemerkenswert», sagt Seiler Zimmermann, «denn mit der in diesem Jahr angenommenen 13. AHV-Rente wurde die Umverteilung bereits stark erhöht.» Ausserdem zeigt die Studie, dass mehr Menschen die Umverteilung über höhere Lohnbeiträge (26%) erreichen wollen anstelle einer Finanzierung durch die Mehrwertsteuer (21%) oder Beiträge von Bund und Kantonen (17%). Allerdings sind mit 31% auch viele Personen der Meinung, dass das Ausmass der Umverteilung in der AHV gerade richtig sei.
Wenig Bewusstsein für tatsächliche Umverteilung
Weiter wird auch deutlich, dass viele der Befragten keine eindeutige Meinung zum Ausmass der derzeitigen Umverteilung haben: der «weiss nicht»-Anteil liegt je nach Art der Leistung zwischen 25 und 39%. Dies könnte laut Seiler Zimmermanndarauf darauf hindeuten, dass sich viele Versicherte über das Ausmass der Umverteilung gar nicht bewusst sind.
2. Säule: überraschender Zuspruch
In der 2. Säule ist die Solidarität nicht in allen sozioökonomischen Gruppen gleich stark ausgeprägt: 42% der Befragten finden eine Umverteilung in der 2. Säule als gerechtfertigt. Eine knappe Mehrheit spricht sich dagegen aus. Dabei zeigten die statistischen Modelle, dass die Solidarität bei Personen mit höherem Einkommen gegenüber Personen mit tieferem Einkommen in der 2. Säule weniger stark ausgeprägt ist. Auch wenn die Solidarität in der 2. Säule deutlich tiefer ausfällt als in der 1. Säule, ist das Ausmass für die Ökonomin der HSLU dennoch überraschend: «Im Gegensatz zur AHV wird in der 2. Säule kapitalgedeckt angespart. Das heisst, sie ist damit nicht geeignet zur Erreichung von sozialpolitischen Zielsetzungen. Zwar gibt es für eine Umverteilung in der 2. Säule mehr Gegenstimmen als Befürwortende, jedoch ist die Solidarität trotzdem als hoch einzustufen.», sagt Seiler Zimmermann. Die Umverteilung wird insbesondere dann befürwortet, wenn tiefe Einkommen nicht auf einen freiwillig reduzierten Beschäftigungsgrad, sondern auf niedrigere Stundenlöhne zurückzuführen sind.
Knapp über die Hälfte (54%) ist gegen eine Beteiligung von Rentnern und Rentnerinnen – unabhängig von ihrem Einkommen – an einer Sanierung der Vorsorgeeinrichtung in Form von Rentenkürzungen. Mehr Zuspruch erhält hingegen eine Beteiligung ab einem bestimmten Mindesteinkommen: Nur 28% der Befragten sind dagegen. Auch hier zeigt sich ein soziodemografischer Graben: Gegen eine Sanierungsbeteiligung von Rentnerinnen und Rentnern sprechen sich ältere Personen, Personen mit tiefen Vermögen aber auch Personen mit einer Finanzschulung eher aus.
Vorsorgewissen nach wie vor tief
Neben dem Fokusthema der Solidarität untersuchte die Studie auch in diesem Jahr wieder das Finanz- und Vorsorgewissen der in der 2. Säule versicherten Personen. «Das Vorsorgewissen hat sich leider nicht verbessert, obwohl im vergangenen wie auch im laufenden Jahr im Rahmen von grossen Abstimmungen viel darüber debattiert wurde», sagt die Studienleiterin. Wie schon im letzten Jahr fällt das Vorsorgewissen trotz hohem Interesse bescheiden aus. «Bemerkenswert ist erneut, dass die Wissenslücken insbesondere im Bereich der persönlichen Altersvorsorge hoch ausfallen», so Seiler Zimmermann. Problematisch sei nicht in erster Linie, dass Personen angeben, etwas nicht zu wissen. «Diese Personen sind sich bewusst, dass sie etwas nicht wissen und können sich bei Bedarf entsprechend informieren», so Seiler Zimmermann. «Ist sich eine Person jedoch nicht bewusst, dass ihr Wissen unvollständig oder falsch ist, wird sie sich nicht informieren. Die Konsequenzen sind unweigerlich, dass Fehlentscheidungen getroffen werden», warnt die Vorsorgeexpertin.
VorsorgeDIALOG 2024
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern (HSLU) untersucht jährlich den aktuellen Wissensstand der Schweizer Bevölkerung rund um Finanzen und Altersvorsorge. Die Analysen basieren auf einer schweizweit repräsentativen Umfrage unter 1245 berufstätigen Personen im Alter von 20 bis 65 Jahren im Angestelltenverhältnis. Die Studie wurde unterstützt von PensExpert AG, PKG Pensionskasse und Rothschild & Co Wealth Management.
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