Streit zwischen Bund und Spitex über Kinderpflege-Tarife eskaliert

Mittwoch, 05. Juli 2023
Die Spitexverbände haben den Tarifvertrag mit der Invalidenversicherung (IV) zur Pflege schwerkranker Kinder per Ende 2023 gekündigt. Ohne Tariferhöhungen sei deren Versorgung gefährdet, gaben sie als Grund an. Der Bund zeigte sich irritiert über das Vorgehen der Verbände und widersprach in mehreren Punkten.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) wolle den IV-Tarif für schwerkranke Kinder weiter senken, obwohl dieser schon heute nicht kostendeckend sei, teilten Spitex Schweiz und der Verband der privaten Spitex-Organisationen (ASPS) mit. Derzeit betrage der Tarif 114.96 Franken pro Stunde. Das BSV schlage eine Senkung auf 107 Franken pro Stunde vor. Die Spitex-Verbände forderten mit Verweis auf eine Berechnung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen eine deutliche Erhöhung der Tarife auf 145 Franken pro Stunde, wie eine Spitex-Sprecherin auf Anfrage von Keystone-SDA mitteilte.

Tarif deckt laut BSV kostendeckend

Das BSV ist mit dieser Darstellung durch die Spitexverbände nicht einverstanden, wie es in einer Mitteilung betont. So sei die Finanzierung der für schwerkranke Kinder äusserst wichtigen Versorgung durch die Kinderspitex weiterhin gewährleistet. Zudem decke der aktuelle Tarif die Kosten eines effizienten Betriebs. Und schliesslich beabsichtigten die Sozialversicherungen auch keine Tarifsenkung. «Das BSV ist befremdet von verschiedenen Falschbehauptungen in der Medienmitteilung der Verbände», hiess es.

Uneinigkeit über Berechnung

Laut den Spitexverbänden wurden die aktuell geltenden Tarife 2019 als Übergangslösung festgelegt. Dies weil die Datengrundlagen der Kinderspitex-Organisationen zu wenig aufschlussreich waren. Kantone und Gemeinden hätten sich bereit erklärt, allfällige Finanzierungslücken zu decken, bis die repräsentativen Daten vorlägen, ergänzte die Spitex-Sprecherin. Wie aus der Spitex-Mitteilung weiter hervorging, liegen die repräsentativen Daten mittlerweile zwar vor, werden aber vom BSV nicht als Basis für die neue Tarifberechnung anerkannt. Dies obwohl das BSV einst Umfang wie auch Methode der Erhebung gutgeheissen hatte, wie die Spitexverbände betonten.

Auch in diesen Punkten widersprach das BSV den Spitexverbänden. So sei der Tarif von 2019 zeitlich nicht befristet gewesen. Von einem vorübergehenden Tarif zu sprechen, sei deshalb nicht korrekt. Ausserdem seien das Modell und die darauf beruhende Tarifberechnung vom Preisüberwacher akzeptiert worden. Die von den Spitexverbänden eingebrachten Kostendaten seien hingegen zu wenig transparent und genügten etwa nicht, um die auch von den Verbänden selbst festgestellten Kostenunterschiede zwischen verschiedenen Spitex-Organisationen zu erklären.

Uneinigkeit über Folgen

Auch die Konsequenzen des Tarifstreits betreffend herrscht Uneinigkeit. Die Beendigung der Unterfinanzierung sei eine existenzielle Frage für viele Kinderspitex-Organisationen, hiess es in der Spitex-Mitteilung dazu. Und: «Sollte es die Kinderspitex eines Tages nicht mehr geben, hätte die Schweiz ein grosses Problem betreffend Versorgungssicherheit der schwerkranken und sterbenden Kinder.»

Das BSV widersprach der angedeuteten drohenden Gefährdung der Spitexversorgung für Kinder. Es ergebe sich durch die bedauerliche Kündigung keine Verschlechterung, schrieb das Amt. Dies weil der Tarif nach der Kündigung noch ein Jahr gültig bleibe. Sollten sich die Parteien bis dahin nicht gefunden haben, käme es zu einer weiteren Verlängerung um ein Jahr. Schliesslich würde das zuständige Departement den Tarif festlegen - nach demselben Modell, wie es heute schon der Fall sei. (sda)

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