Fokus Leistung & Lohn
Unternehmenskultur und Lohnsystem müssen zusammenpassen. Konkrete Beispiele und Erfahrungen zeigen, wie das gelingt.
Man muss zwischen dem BVG-Obligatorium und dem Überobligatorium unterscheiden. Im BVG-Obligatorium, das Vergütungen zwischen dem Koordinationsabzug (25095 Franken) und dem oberen Grenzbetrag (86040 Franken) umfasst, ist jeder AHV-pflichtige Lohn zu versichern. Darunter fallen alle Lohnarten und -bestandteile, die gemäss AHV-Gesetz zu versichern sind – vom Fixlohn über Boni bis zu Naturallöhnen.
Nur zwei Arten von Entgelten sind in der AHV nicht versichert: Familienzulagen und Spesen. Pauschalspesen bergen das Risiko, von Arbeitgebenden zulasten des Fixlohns höher angesetzt zu werden. Dadurch verbessert sich für die Arbeitnehmenden zwar das aktuell verfügbare Einkommen, dafür fällt unter Umständen die Rente tiefer aus.
AHV-pflichtig, aber von der Beitragspflicht im BVG ausgenommen sind Lohnanteile, die sehr unregelmässig anfallen, beispielsweise Gratifikationen im Sinn von Spontanprämien mit einmaligem Charakter. Ein jährlicher Bonus ist hingegen zu berücksichtigen.
Übersteigt bereits der Grundlohn 86040 Franken, steht es dem Unternehmen respektive der Pensionskasse frei, zusätzliche Leistungen wie Provisionen, Boni oder Dienstwagen zur Privatnutzung zu versichern. Die Pensionskasse muss im Reglement aber klar beschreiben, welche Lohnbestandteile versichert sind. Zudem müssen die BVG-Prinzipen der Planmässigkeit und der Kollektivität berücksichtigt werden. Das heisst, für alle Versicherten desselben Kollektivs – also zum Beispiel Versicherte eines Basis- oder Kaderplans – müssen dieselben Regeln gelten.
Nochmals zusammengefasst: Im BVG-Obligatorium ist grundsätzlich jegliche Vergütung zu versichern, während es im Überobligatorium eine grosse Gestaltungsfreiheit gibt.
Das Unternehmen kann nicht gezwungen werden, eine Pensionskassenlösung abzuschliessen, die über das BVG hinausgeht. Es ist aber im Interesse der Arbeitgebenden, eine adäquate Vorsorge gerade auch für Kadermitglieder zu bieten, um auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu sein. Das muss sich das Unternehmen aber auch leisten können und wollen. Denn je mehr Lohnbestandteile versichert sind, umso höher fallen die Kosten aus.
Bei den Arbeitnehmenden verspüre ich zunehmend das Interesse, den tatsächlichen Lohn zu versichern. Das hat verschiedene Gründe: Lohnbestandteile, die nicht versichert sind, wirken sich auch nicht auf die Vorsorge aus, fehlen also in der Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente. Insbesondere für Hinterlassene besteht so das Risiko, dass sie nach dem Tod der versicherten Person die gewohnte Lebenshaltung nicht aufrechterhalten können.
Zudem sind höhere Einkäufe in die Pensionskasse möglich, je höher der versicherte Lohn ist. Durch Einkäufe kann sowohl die Vorsorge verbessert als auch die Steuerbelastung gesenkt werden. Wurde in einem Jahr ein besonders hoher Bonus ausbezahlt, kann ein entsprechend hoher Pensionskassen-Einkauf von den Steuern abgezogen werden.
Möglichst alle Lohnbestandteile zu versichern ist grundsätzlich ratsam. Dazu können die Angestellten an ihre Arbeitnehmervertreter im Stiftungsrat oder in der Vorsorgekommission gelangen oder ihren Bedarf direkt beim Arbeitgeber anmelden. Allerdings besteht kein Recht darauf. Die Kompetenz die Reglemente anzupassen liegt bei der Vorsorgekommission oder dem Stiftungsrat. Eine Ausdehnung des versicherten Lohns kann aber nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erfolgen.
Heute sind die Unternehmen für solche Verbesserungen offener als früher. Beide Seiten sind an einem guten Vorsorgeplan interessiert. Das Unternehmen kann sich dadurch von anderen Betrieben abheben. Ich nehme ein erhöhtes Interesse an Vergleichen der Vorsorgepläne mit ähnlichen Betrieben wahr. Dabei wird auch der Umgang mit variablen Lohnbestandteilen analysiert. Spielräume ergeben sich vor allem im Kaderbereich und z.B. bei Wahlplänen, in denen die Versicherten einen höheren Sparbeitrag wählen können.
Wir betreuen einige Sammelstiftungen, die auch Minimalpläne anbieten. Oft sind es kleine KMU, die diese Pläne nutzen. Bei firmeneigenen Pensionskassen sind Minimalpläne eher die Ausnahme. Arbeitgebende, die sich eine eigene Pensionskasse leisten, sind emotional enger damit verbunden und tauchen tiefer in der Materie ein, da sie selbst im Stiftungsrat mitwirken. Daher bieten sie tendenziell bessere Lösungen. Das hat auch damit zu tun, dass die Gestaltungsmöglichkeiten bei firmeneigenen Kassen grösser sind, während bei Sammelstiftungen teils nur eine Auswahl an Standardplänen zur Verfügung steht.
Am einfachsten scheint es, jährlich den effektiv ausgerichteten Bonus zu versichern. In der Umsetzung ist das aber aufwändig, weil das bei der Verwaltung jedes Jahr zu Mutationen führt und Versicherte mit stark schwankenden Vergütungen einen ständig wechselnden versicherten Lohn haben. Daher wird meist der Durchschnitt über zum Beispiel die letzten drei Jahre angewendet. Bei neuen Mitarbeitenden muss man sich dann auf Kolleginnen und Kollegen in vergleichbaren Positionen abstützen. Manche Betriebe haben einen Zielbonus (z.B. 30% des Jahreslohns). Davon werden dann zum Beispiel 50% standardmässig mitversichert. Letztlich sollte der effektive Bonus höher sein als der versicherte Betrag, denn dieser darf nicht höher sein als der tatsächliche AHV-Lohn.
Dominique Koch ist Pensionskassen-Experte SKPE und berät Pensionskassen und Unternehmen bei der Dipeka AG in Basel.
Unternehmenskultur und Lohnsystem müssen zusammenpassen. Konkrete Beispiele und Erfahrungen zeigen, wie das gelingt.
Leistungsorientierte Unternehmen können auf variable Lohnanteile nicht verzichten. So lautet eine der Kernaussagen, die der Vergütungsexperte Urs Klingler im Interview macht –, und er hält fast schon eine Brandrede auf das Leistungsprinzip.
Kulturwandel steht heute auf der Agenda vieler Unternehmen – Stichwort New Work. Doch das Thema Vergütungssystem bleibt häufig aussen vor – selbst in agilen Unternehmen. «Jede Organisation, die sich mit ihrer eigenen Transformation beschäftigt, muss auch über ihr Gehaltssystem nachdenken», mahnt die Unternehmensberaterin Nadine Nobile.
Die Digitalagentur Liip arbeitet nach agilen Prinzipien selbstorganisiert. Gleichstellung, Transparenz und Eigenverantwortung sind grundlegende Werte des Unternehmens. Diese gelten auch für die Entwicklung des Lohnsystems. Wie dies funktioniert und wie Überarbeitungen ablaufen, erklärt Nadja Perroulaz, Mitbegründerin und Lead People bei Liip.
Variable Lohnanteile funktionieren nur so gut, wie es die Führungskultur zulässt. Entstehen Konflikte rund um Bonusabrechnungen, stecken häufig nicht ausdiskutierte Fragen der Einstellung zu diesen Lohnsystemen dahinter. Kein Wunder, dass sie oft an grundlegende Probleme rühren. Zeit, sich Fragen zu stellen, um den passenden Zuschnitt zu finden.
Eindeutigkeit, klares Verständnis des Systems durch die Mitarbeitenden, zuverlässige Umsetzungsprozesse und ein zum Unternehmen passendes Anreizsystem zeichnen ein funktionierendes Lohnmodell aus, erklärt Arbeitsrechtler Emanuel Tschannen.
Das Handout gibt Anregungen dazu, wie ein neues Lohnsystem geplant und eingeführt werden kann, zeigt Fragen auf, die sich das HR-Management dazu stellen muss und ordnet arbeitsrechtliche Aspekte zu variablen Lohnanteilen ein.
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