Wie vermeide ich Beitragslücken?

Donnerstag, 07. September 2023 - Gertrud E. Bollier
Eine kreative Pause, ein Auslandaufenthalt oder Kinderbetreuung: Es gibt viele Gründe, die Erwerbstätigkeit für eine gewisse Zeit auf­zu­geben. Dadurch können in der 1. Säule Beitragslücken entstehen. Es gibt Wege, sie zu vermeiden oder zu schliessen. Auch in der 2. Säule können Lücken durch gute Planung minimiert werden.

Nur wer gleich viele Beitragsjahre – zwischen dem 1. Januar des 21. Altersjahrs und dem 31. Dezember vor Eintritt des Versicherungsfalls – aufweist, wie das für seinen/ihren Jahrgang möglich ist, erhält von der AHV oder IV eine Vollrente (Skala 44). Anderenfalls kommt es zu einer anteilmässigen Kürzung; es wird eine entsprechende Teilrente ausgerichtet.

Als Beitragsjahr zählt jedes Jahr, in dem die versicherte Person selbst Beiträge an die AHV/IV entrichtet hat oder durch den AHV-pflichtigen Ehegatten beitragsfrei mitversichert war. Auch Jahre, in denen eine Erziehungs-[1] oder Betreuungsgutschrift[2] erzielt werden konnte, zählen als Beitragsjahre.

Mit zwischen dem 18. und dem 20. Altersjahr entrichteten Beiträgen (sogenannten Jugendjahren) können die ­ältesten Beitragslücken gestopft werden. Für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die im Ausland keiner ­Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, müssen die neuesten Beitragslücken (letzte fünf Jahre vor Eintritt des ­Versicherungsfalls) durch Beitragszahlungen geschlossen werden. Es besteht in der 1. Säule keine Möglichkeit, weitere Beitragslücken – z.B. durch Einkäufe – zu schliessen.

Vermeiden von Beitragslücken in der AHV/IV

Kreative Pausen: Wer die Erwerbstätigkeit für mehr als ein halbes Jahr unterbricht (Reisen, Babypause, Weiterbildung usw.) muss nachher mit der AHV-Zweigstelle am Wohnort die Beitragspflicht prüfen. Sind im angebrochenen Jahr genügend Beiträge entrichtet worden, damit das Jahr als Beitragsjahr zählt, oder werden noch Nichterwerbstätigenbeiträge fällig? Vorsicht: Ab einem Vermögen, inkl. Renten- oder Alimente-Einkommen mal 20, von über 340000 Franken wird weit mehr als der Mindestbeitrag von 514 Franken pro Jahr fällig. Auf die Unfalldeckungsverlängerung (Abredeversicherung) sowie weitere Versicherungsdeckungen ausserhalb der Alters- und Invalidenvorsorge geht Kurt Häcki ein.

Für Ehepaare mit Altersunterschied gilt es zu beachten, dass die Beiträge immer bis zum Erreichen des ordentlichen Renteneintrittsalters (Referenzalter 65) geschuldet sind. Die jüngere nicht erwerbstätige Ehefrau oder der nicht erwerbstätige jüngere Ehemann schuldet so lange Nichterwerbstätigenbeiträge. Ist der Ehegatte im Rentenalter noch erwerbstätig, müssen auf einem Erwerbseinkommen von mindestens 27000 Franken AHV/IV-Beiträge abgerechnet werden, damit der nicht erwerbstätige Ehepartner beitragsfrei mitversichert ist.

Ein Studienaufenthalt im Ausland begründet dort keinen Wohnsitz. Auch wer sich in der Schweiz abgemeldet hat, kann sich als Nichterwerbstätig erfassen lassen und entsprechend Beiträge entrichten. Mit Studienort im EU-/EFTA-Raum ist dies allerdings nur bis zum 30. Altersjahr möglich (Art. 1a/3b AHVG).

Nichterwerbstätige Ehegatten[3] sind nur so lange automatisch beitragsfrei mitversichert, wie sie den Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben. Wenn der erwerbstätige Ehegatte ins Ausland entsandt wird (Entsendung oder Weiterführung der Versicherung), ist dieser weiterhin versichert; nicht aber die begleitende nicht erwerbstätige Ehefrau oder der begleitende nicht erwerbstätige Ehemann. Sie können der für die Entsendung zuständigen Ausgleichskasse brieflich (unbedingt eingeschrieben) mitteilen, dass sie die Versicherung weiterführen und der AHV beitreten wollen. Durch den Beitritt zur Versicherung (Art. 1a/4c AHVG) bleiben sie versichert. In der Regel sind sie beitragsfrei, weil der erwerbstätige Ehegatte mehr als den doppelten Mindestbeitrag (zurzeit 1028 Franken pro Jahr) entrichtet.

Wo keine befriedigende Lösung über die AHV/IV gefunden werden kann, besteht die Möglichkeit im Rahmen der 3. Säule eine Invaliditäts- und Todesfallversicherung abzuschliessen.

Wie steht es mit der 2. Säule?

In der beruflichen Vorsorge gilt es zwischen der BVG-Normversicherung (Obligatorium/Schattenrechnung) und der überobligatorischen Deckung in Pensionskassen zu unterscheiden. In der BVG-Normversicherung zu versichern sind alle in der AHV versicherten Arbeitnehmenden ab dem 1. Januar des 18. Altersjahrs (fürs Alterssparen ab 1. Januar des 25. Altersjahrs). Zudem müssen sie einen Jahreslohn von mindestens 22050 Franken erzielen. Versichert sind Jahreslöhne bis 88200 Franken. Das Reglement der Pensionskasse kann bessere Konditionen vorsehen (Überobligatorium).

Das Alterssparen der 2. Säule richtet sich in den allermeisten Pensionskassen nach dem Beitragsprimat. Das bedeutet, dass sich die Höhe der Altersleistung nach dem angesparten Kapital (Altersguthaben) richtet und nicht nach einem bestimmten Prozentsatz des letztversicherten Verdienstes. Das Altersguthaben wird aus Beiträgen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmenden sowie dem Zins auf den vorhandenen Altersguthaben gebildet. Weil Lohnerhöhungen nur für die Zukunft (bis zum Rentenalter) versichert sind, besteht – vor allem für ältere Arbeitnehmende – für die Zeit ab Eintritt ins Erwerbsleben bis zur Lohnerhöhung ein Einkaufspotenzial. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist ein Einkauf allerdings nur im Überobligatorium möglich.

Verglichen wird, welches Altersguthaben zu den heutigen Konditionen bestehen könnte, mit dem, was tatsächlich vorhanden ist. Die Differenz entspricht dem Einkaufpotenzial. Vorausgesetzt, es sind finanzielle Mittel für den Einkauf vorhanden, stellt sich die Frage, ob ein solcher sinnvoll ist. Das hängt von den persönlichen Lebensumständen (Zivilstand/Anspruch auf Hinterlassenenleistungen), dem Vertrauen in die Pensionskasse (Leistungsfähigkeit) und der Möglichkeit einer Rückgewähr des nicht bezogenen Alterskapitals an Erben (muss im Leistungsreglement vorhanden sein) ab. Entweder ist das Einkaufspotenzial auf dem Vorsorgeausweis angegeben, oder es kann von der Pensionskasse berechnet werden lassen.

 

[1] Eine Erziehungsgutschrift erhält, wer ab 21-jährig (und noch nicht im Rentenalter) ist und die Obhut für ein 1- bis 16-jähriges Kind mit Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz hat. Während der ganzen Ehejahre erhalten Mutter und Vater je eine halbe Gutschrift. Sie muss nicht speziell beantragt werden: In der Rentenanmeldung sind die Daten der Kinder aufzuführen und zu belegen.
[2] Eine Betreuungsgutschrift erhält, wer Verwandte (Eltern, Schwiegereltern, Grosseltern, Ehegatte oder eingetrag. Partner/in, Konkubinatspartner/in nach fünfjährigem Zusammenleben, ein über 16-jähriges Kind oder Geschwister) betreut, die eine Hilflosenentschädigung beziehen. Zudem muss die zu betreuende Person leicht erreichbar sein; d.h. max. 30 km entfernt oder innert 60 Minuten schaffbar. Vorsicht: Die Betreuungsgutschrift muss jedes Jahr auf der AHV-Zweigstelle am Wohnsitz der zu betreuenden Person geltend gemacht werden.
[3] Nichterwerbstätige Ehegatten mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz sind beitragsfrei mitversichert, wenn der erwerbstätige Ehegatte in der AHV/IV als solcher gilt und wenigstens den doppelten Mindestbeitrag (1028 Franken pro Kalenderjahr) entrichtet. Andernfalls werden Nichterwerbstätigenbeiträge geschuldet.

Take Aways

  • Wer die Erwerbstätigkeit für länger als ein halbes Jahr unterbricht, soll nachher mit der AHV-Zweigstelle am Wohnort Kontakt aufnehmen und die Beitragspflicht als Nichterwerbstätige prüfen lassen.
  • Jüngere Ehegatten von Altersrentnern schulden weiterhin AHV-Beiträge bis sie selbst ins Rentenalter kommen.
  • In die berufliche Vorsorge (Überobligatorium) kann man sich einkaufen. Versicherte erhalten von der Pensionskasse diesbezüglich Beratung.

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