Wirtschaft ist bei der Pensionskassenreform gespalten

Mittwoch, 07. August 2024
Das Rennen um die Pensionskassenreform wird neu lanciert: Die Linke erhält im Kampf gegen die Vorlage Unterstützung von acht Wirtschaftsverbänden. Diese stellen sich gegen die Position der Wirtschaftsdachverbände, welche die Reform befürworten.

Die Wirtschaftsallianz «Nein zur BVG-Scheinreform» wird angeführt von Gastrosuisse. Dazu gehören auch der Westschweizer Arbeitgeberverband Centre Patronal und kleinere Branchenverbände der Bäckerinnen und Confiseure, der Coiffeurgeschäfte, der Fitness- und Gesundheitszentren, der Tankstellenshops, der individuellen Gastronomie sowie der Fleisch-Fachverband. Sie alle wollen sich aktiv für ein Nein an der Urne einsetzen, wie es in einer Mitteilung hiess. Die Allianz hat ein Argumentarium und Visuals auf eine neue Webseite aufgeschaltet, um ihre Anliegen zu verbreiten.

Zusatzkosten angeprangert

Die Vorlage führe zu Fehlanreizen beim Sparen und zu mehr Bürokratie und sei deshalb abzulehnen, argumentiert die Wirtschaftsallianz. «Letztlich finanzieren die Versicherten die zusätzliche Umverteilung und unnötigen Zusatzkosten mit ihren Sparbeiträgen», liess sich Esther Friedli, St. Galler SVP-Ständerätin und Vorstandsmitglied von Gastrosuisse, zitieren. Laut den acht Wirtschaftsverbänden sind die Rentenzuschläge zudem falsch kalibriert und unfair verteilt. Sie bestraften jene, die ihr Leben lang ohne Unterbrechung in die berufliche Vorsorge eingezahlt hätten. Die Reform benachteilige auch Personen, die schon heute von einem tieferen Umwandlungssatz betroffen seien.

Grosse Pakete geben Raum für Kritik

Die Wirtschaftsdachverbände Economiesuisse und Arbeitgeberverband bezeichnen die BVG-Reform als «überfällig» und setzen sich für ein Ja am 22. September ein. Mit der Vorlage schliesse man eine massive Rentenlücke für Teilzeitangestellte und tiefe Einkommen, führen sie ins Feld.

Wenig überrascht reagierte Politologe Urs Bieri vom Forschungsinstitut gfs.bern. Der Kampf einer Wirtschaftsallianz für ein Nein zur Reform zeige einzig, dass die Wirtschaft in dieser Frage gespalten sei. «Es gibt nicht die Wirtschaft.» Die Betroffenheit bei dieser Reform sei dermassen unterschiedlich, dass unterschiedliche Positionen innerhalb der Wirtschaft zu erwarten seien. «Das ist ein normaler Diskurs, wie er immer wieder vorkommt.»

Bei grossen und komplexen Reformpaketen wie jenem zu den Pensionskassen gebe es systembedingt viele Gründe für Kritik, sagte Bieri. «Je mehr in einem Paket drin ist, desto mehr Widerstand regt sich.» Jedoch könnten Paketlösungen auch die Kompromissbereitschaft erhöhen, wie dies etwa bei der erfolgreichen AHV-/Steuervorlage der Fall gewesen sei. (sda)

Allianz von Jungparteien wirbt für Pensionskassenreform

Es sei Zeit für eine Modernisierung der Altersvorsorge, hiess es an der Medienkonferenz des Bündnisses. Die Allianz besteht aus der Jungen Mitte, den Jungfreisinnigen, der Jungen GLP und der Jungen EVP. Die Reform schliesse Rentenlücken für Teilzeiterwerbstätige und Personen mit tiefen Einkommen. Zudem schaffe sie mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Für die Jungen und die kommenden Generationen sei die Abstimmung von enormer Bedeutung.

Viele Junge und ein grosser Teil des Mittelstandes teilten sich Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung auf. Dank der BVG-Reform erhielten sie im Alter eine faire Rente, argumentierte Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz, laut Redetext.

Die sogenannte Jungallianz kritisierte zudem die «unehrliche Abstimmungskampagne der Gewerkschaften». Diese bekämpften den breit abgestützten Kompromiss mit «links-populistischer Kampfrhetorik» und «mit einer Kampagne, die leider viele Unwahrheiten verbreitet».

Aus Sicht der Jungparteien werden die arbeitende Bevölkerung und insbesondere die Jungen durch den zu hohen Umwandlungssatz «abgezockt». Diese Umverteilung von den arbeitenden Versicherten zu den Neupensionierten werde mit der BVG-Reform sofort reduziert. Dies sei ein notwendiger und gerechter Schritt. Laut den Jungparteien sind rund 85% der Versicherten von der Senkung des Umwandlungssatzes nicht betroffen. (sda)

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