Bundesrat will Wissenschaft in Krisen verstärkt einbeziehen

Mittwoch, 04. Oktober 2023
Der Bundesrat will bei künftigen Gesundheitskrisen wissenschaftliche Erkenntnisse vermehrt in seine Entscheidungsfindung einbeziehen und auch die öffentliche Kommunikation dazu verbessern. Er reagiert damit auf Kritik der parlamentarischen Aufsicht.

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats hatte in ihrem Ende Juni verabschiedeten Bericht die Art der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Bundesbehörden während der Corona-Pandemie kritisiert. Der Bundesrat veröffentlichte seine Stellungnahme dazu.

Wie die Aufsichtsbehörde ortet auch die Landesregierung bei der öffentlichen Kommunikation sowie beim Aufbau eines wissenschaftlichen Netzwerks Verbesserungsmöglichkeiten, wie sie schrieb: «Der Bundesrat nimmt sämtliche Empfehlungen der GPK-N aus dem Bericht entgegen und ist bereit, diese in die bereits laufenden Arbeiten aufzunehmen.»

Strategien überarbeiten

Umgesetzt werden sollen die acht GPK-Empfehlungen zur verstärkten Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Bundesbehörden beispielsweise in der laufenden Revision des Epidemiengesetzes. Auch eine Aktualisierung verschiedener Dokumente - zum Beispiel des Pandemieplans - ist vorgesehen. Notwendige Anpassungen müssten nach Auswertung der wichtigsten Evaluationen rasch erfolgen, so der Bundesrat.

Bei der Beurteilung der epidemiologischen Lage und der Festlegung der Covid 19-Massnahmen hatte sich der Bundesrat zu Beginn der Pandemie vorwiegend auf die Beurteilung und die Vorschläge des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) und des Bundesamts für Gesundheit (BAG) gestützt. Diese Behörden arbeiten laut dem Bundesrat auch ausserhalb von Krisen mit zahlreichen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft zusammen. Die GPK empfahl nach ihrer Aufarbeitung der Krise etwa, die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in den rechtlichen und strategischen Grundlagen genauer zu regeln - auch allgemein im Rahmen des zukünftigen Risiko- und Krisenmanagements des Bunds.

Geplantes Ad-hoc-Beratungsgremium

Weiter ersuchte die GPK den Bundesrat, sicherzustellen, dass in den Entscheidungsgrundlagen künftig die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ansichten zum jeweiligen Thema, aber auch die Punkte, über welche Unsicherheit herrscht oder bei denen Meinungen auseinandergehen, transparent und zusammenfassend dargestellt sind. Besonders was die Kommunikation zum Thema Masken betrifft, zeigte sich die GPK mit den Bundesbehörden unzufrieden. Künftig soll in der öffentlichen Kommunikation der Bundesbehörden mehr Bezug auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse genommen werden.

Die Arbeit der wissenschaftlichen Covid-Taskforce beurteilte die GPK als gut. Künftig soll der Einbezug der Wissenschaft früher und strategischer aufgebaut werden. Der Bundesrat will im Hinblick auf künftige Krisen wissenschaftliche Ad-hoc-Beratungsgremien basierend auf einem interdisziplinären Netzwerk einsetzen.

Abstrakte Eckwerte definieren

Auch zu einem zweiten Bericht der GPK nahm der Bundesrat Stellung. In diesem kam die parlamentarische Oberaufsicht zum Schluss, dass die Bundesstellen Covid-19-Massnahmen angemessen auf Verfassungsmässigkeit geprüft hatten. Der Bundesrat teilt diese Einschätzung. Trotzdem will er - wie von der GPK gewünscht - prüfen, wie das Bundesamt für Justiz (BJ) seine präventive Kontrollaufgabe speziell in Krisenfällen verstärken könnte. Zur Diskussion steht weiter, ob die Kriterien im Epidemiengesetz, die den Übergang zur besonderen Lage regeln, präzisiert werden sollten.

Im Rahmen der Revision des Epidemiengesetzes will der Bundesrat schliesslich prüfen, ob abstrakte Eckwerte zur Einschätzung einer Bedrohungslage festgelegt werden sollen. Hingegen erachtet er die Definition einer für alle künftigen Gefährdungslagen anwendbaren und abschliessenden Liste von Indikatoren als nicht zielführend. Die Indikatoren sollten sich immer am konkreten Erreger und entsprechend den verschiedenen Phasen einer künftigen Pandemie orientieren. (sda)

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