Einen besonders hohen Anstieg erwarten die Wissenschaftler unter anderem in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, während Japan die geringsten Zuwachsraten verzeichnen werde. Für die Schweiz sagen die Forschenden einen Zuwachs von 117% voraus.
Schon im vergangenen Jahr hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor gewarnt, dass die Zahl der Demenzkranken in den kommenden zehn Jahren global rasant zunehmen werde. Einer der Hauptgründe dafür sei die steigende Lebenserwartung: Mit dem Alter erhöht sich das Risiko für nichtübertragbare Krankheiten und damit auch für Demenz. Dieser Oberbegriff beschreibt das Symptombild einer ganzen Reihe von meist fortschreitenden Krankheiten, welche die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflussen - zu den häufigsten und bekanntesten gehört die Alzheimer-Demenz.
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Fast 2000% Zuwachs in Katar
Den grössten Anstieg der Prävalenz prognostiziert die Studie für den östlichen Subsahara-Raum, wo die Zahl der Demenzkranken im Alter von 40 Jahren und älter um über 350% ansteigen werde. Um fast 370% steigende Fallzahlen werden für Nordafrika und den Nahen Osten vorhergesagt, wobei besonders hohe Steigerungsraten in Katar (1926%) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (1795%) zu erwarten seien.
Für Westeuropa erwarten die Studienautoren einen Anstieg der Fälle um 74%, von fast 8 Millionen 2019 auf knapp 14 Millionen 2050. Niedrigere Anstiegsraten seien hier für Griechenland (45%), Italien (56%), Finnland (58%) und Schweden (62%) zu erwarten.
Für die Schweiz hingegen rechnen die Forschenden mit einem Zuwachs von 117% - von rund 142'000 Erkrankten auf fast 308'000 Betroffene bis Mitte des Jahrhunderts. Überdurchschnittlich hoch werde der Anstieg unter anderem in Zypern (175%), Andorra (172%) und Irland (164%) ausfallen.
Nicht alle Risikofaktoren berücksichtigt
Mit Blick auf die Auswirkungen von vier Demenz-Risikofaktoren- Rauchen, Fettleibigkeit, hoher Blutzucker und niedrige Bildung - prognostizieren die Studienautoren, dass ein verbesserter Zugang zu Bildung für sechs Millionen weniger Demenzfälle sorgen könnte. Umso wichtiger seien Präventionsmassnahmen, welche den Einfluss dieser Risikofaktoren minimierten, betont Epidemiologin und Hauptautorin Emma Nichols vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der Universität Washington.
Die Wissenschaftler räumen indes ein, dass ihre Analyse durch einen Mangel an qualitativ hochwertigen Daten aus einigen Teilen der Welt beeinträchtigt werde und nur vier Demenz-Risikofaktoren berücksichtigt worden seien. Zu diesen gehörten nämlich unter anderem auch Bluthochdruck, Diabetes oder soziale Isolation.
Darüber hinaus untersuche die Studie die Gesamtprävalenz von Demenz, ohne zwischen verschiedenen klinischen Subtypen zu unterscheiden - eine Kritik, die auch Michaël Schwarzinger und Carole Dufoui vom Universitätsspital Bordeaux in einem unabhängigen Kommentar aufgreifen: Die zugrundeliegenden Mechanismen, welche eine Demenz verursachen, würden hier vereinfacht. (sda dpa)
Fachartikel, erschienen in der Fachzeitschrift «The Lancet Public Health»: DOI 10.1016/S2468-2667(21)00249-8