Kolumne: Vor- und Nachteile des Sicherheits-Bias

Mittwoch, 27. November 2024 - Helena Trachsel
Sicherheits­verzerrungen führen zu vorsichtigen Entscheidungen, die nicht die besten Optionen sind.

In die Vorweihnachtszeit möchte ich mit der positiven Seite von unbewussten Vorannahmen (oder Unconscious Bias) einsteigen, sind Sie dazu bereit? Unconscious Bias können in bestimmten Situationen als positives Signal dienen, indem sie uns vor potenziellen Gefahren warnen. Es ist dies der Sicherheits-Bias, und er funktioniert so:

Das Gehirn-Warn-System in der Amygdala ist ein wichtiger Teil unseres emotionalen Verhaltens. Die Amygdala ist eine kleine, mandelförmige Struktur im Gehirn, die seit Anbeginn der Menschheit eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen, insbesondere Angst und Bedrohung, spielt.

Wenn wir uns, unser Umfeld oder unsere Aufgabe einer potenziellen Gefahr ausgesetzt sehen, aktiviert die Amygdala sofort das Warnsystem. Sie analysiert die Situation und sendet Signale an andere Teile des Gehirns, um schnelle Reaktionen zu ermöglichen. Dies kann dazu führen, dass wir schnell reagieren, ohne lange nachzudenken, sei es durch Flucht oder Kampf. Zusammengefasst: Die Amygdala hilft uns, Risiken und Bedrohungen schnell zu erkennen und darauf zu reagieren, was für unser Überleben entscheidend ist.

Diese positive Seite der unbewussten Vorannahmen ist in vielen Berufen unverzichtbar: HR, FINMA, Versicherungen, medizinische Berufe, Betreuungsberufe, Erziehung, Sport, Militär...

Natürlich gibt es auch hier eine Schattenseite: Der Sicherheits-Bias, auch als Sicherheitsverzerrung bekannt, bezieht sich auf die Tendenz, Risiken zu vermeiden und Entscheidungen zu treffen, die als sicherer wahrgenommen werden, auch wenn sie möglicherweise nicht die besten Optionen sind. Hier einige Beispiele für Entscheidungen in der Personalarbeit, die von diesem Bias beeinflusst werden können:

  1. Einstellung von Kandidierenden mit ähnlichem Hintergrund: Rekrutierende könnten dazu neigen, Kandidierende einzustellen, die ähnliche Qualifikationen oder Erfahrungen wie frühere erfolgreiche Mitarbeitende haben, um das Risiko von Teamkonflikten oder strapaziösen Gesprächen mit Vorgesetzten zu minimieren, auch wenn dies die Vielfalt und die Innovation im Team einschränken könnte.
  2. Vermeidung von internen Beförderungen: Führungskräfte könnten zögern, querdenkende Mitarbeitende zu befördern, die innovative Ansätze oder unkonventionelle Ideen haben, aus Angst, dass diese neuen Ansätze nicht funktionieren und die Sicherheit der bestehenden Strukturen gefährden könnten.
  3. Entscheidungen bei Entlassungen: In Krisenzeiten könnten Unternehmen dazu neigen, Mitarbeitende mit langjähriger Betriebszugehörigkeit zu behalten, auch wenn ihre Leistung nicht den Anforderungen entspricht, während leistungsstarke, neuere Kolleginnen entlassen werden. Oder umgekehrt, ältere, teurere und evtl. meinungsstärkere Mitarbeitende zu entlassen, um jüngere, allenfalls noch einfacher zu führende Kollegen einzustellen oder zu behalten.
  4. Vorannahmen bei der Rekrutierung jüngerer Frauen und Mütter über deren Verfügbarkeit, da sie möglicherweise familiäre Verpflichtungen haben oder haben werden. Dies kann dazu führen, dass Rekrutierende zögern, solche Kandidatinnen in Betracht zu ziehen, selbst wenn diese bereit und fähig sind, die erforderliche Arbeit zu leisten.
  5. Übermässige Risikovermeidung bei Leistungsbewertungen: Bei der Bewertung von Mitarbeitenden könnten Vorgesetzte dazu neigen, deren Leistungen weniger kritisch zu bewerten, um Konflikte zu vermeiden und die Sicherheit des Teams nicht zu gefährden, anstatt konstruktives Feedback zu geben.

Diese Beispiele zeigen, wie der Sicherheits-Bias in verschiedenen Aspekten der Personalarbeit Entscheidungsprozesse beeinflussen kann.

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