Mein Arbeitsalltag
Eigentlich haben wir keinen Alltag. Seit zwei Jahren betreiben meine Frau Bärbel und ich Yogamour hauptberuflich. Das ist ein Angebot rund um Yoga inklusive einer kostenpflichtigen Mitgliederplattform für Yoga-Instruktionen, die mal als Videocast begann. Ich mache alles, was nicht purer Content ist, also die Technik, Videos schneiden, Administration der Aboplattform. Inzwischen haben wir regelmässig Artikel von Autorinnen, Videos und einmal wöchentlich ein Live-Video. Also kommt schon einiges zusammen. Bärbel kümmert sich als ausgebildete Yoga-Instruktorin, ehemalige Fotoredakteurin und Fotografin um den Content, leitet Yoga-Ausbildungen, Yoga-Retreats und plant die Yoga-Videos für Yogamour.
Wie es begann
Ich habe früher für Medienhäuser und Agenturen Konzepte für digitale Kanäle entwickelt, häufig auf Projektbasis als Selbständiger. Zufällig – denn ich komme eher aus der Redaktion, nicht aus der TV-Produktion – verschlug es mich zu Red Bull TV. Mein Hauptjob bestand dort zwar im Wesentlichen darin, den kreativen Wildwuchs in operative Bahnen zu lenken, ich habe dabei aber eine ganze Menge über TV-Produktionen gelernt. Bei einem Mountainbike-Tour-Projekt hatte ich in einem Monat das Pensum von drei Monaten abgearbeitet. Deshalb hatten Bärbel und ich geplant, mit unserem Bus ein paar Monate auf Tour zu gehen. Zu dem Zeitpunkt war Yogamour schon acht Jahre alt, und wir fragten uns, wie wir es weiterentwickeln wollen. Wir haben Yoga-Retreats an schönen Reisedestinationen veranstaltet und gratis Yoga-Videos auf YouTube gestellt – das funktionierte alles ganz gut, man konnte davon aber noch nicht leben, und wir fragten uns auch, ob wir das überhaupt wollen. Es haben auch immer mal wieder Leute angefragt, die irgendwelche Internet-Marketing-Kurse besucht haben und unsere Inhalte lizensieren wollten. Diese Herangehensweise lag uns nicht, brachte uns aber dazu, über das Potenzial und die Möglichkeiten nachzudenken.
Wir haben uns also in unseren alten Bus gesetzt und den Test gemacht: Wie lange halten wir es miteinander aus? Wie funktioniert Produzieren und Leben unterwegs? Und was kann daraus werden? Das war erstaunlicherweise kein Problem. Diese Bustour war quasi der Prototyp dessen, was wir jetzt planen. In dieser Zeit haben wir Yogamour um die Mitgliederplattform ergänzt.
Nach unserer Rückkehr und einem weiteren Projekt in einer Rolle als grauhaariger, weiser Operations Manager wurde ich es langsam leid, immer auf andere aufzupassen. Wir haben dann entschieden, Yogamour ein halbes Jahr verstärkt voranzutreiben. Danach war die Plattform noch immer nicht finanziell ausreichend tragfähig, aber sie hatte sich so gut entwickelt, dass sich eine Perspektive bot. Durch den Corona-Lockdown gab es dann noch einen richtigen Schub – zum Glück in einer Grössenordnung, die wir auch bewältigen können.
Wir haben Produkt, Technik und Geschäftsmodell inzwischen so aufeinander abgestimmt, dass wir nun unserer Reiseneigung auch ausserhalb der arbeitsfreien Zeiten nachgehen können. Das hat sich über Jahre dahin entwickelt mit unseren professionellen Erfahrungen, mit Veränderungen in unserem Leben und mit zehn Jahren Weiterentwicklung von Yogamour. Das Schöne heutzutage mit digitalen Geschäftsmodellen ist doch, dass das Ausprobieren vor allem nur Zeit kostet, andere Kosten aber überschaubar bleiben.
Der neue Plan
Dass wir woanders und in der Natur filmen, kommt sehr gut an bei unseren Usern. Es fühlt sich eben gut an, wenn man in seinem Wohnzimmer sitzt und die Yoga-Session wird in einer schönen Umgebung präsentiert. Um das zu realisieren, muss man unterwegs sein, Ferien und Freizeitausflüge reichen dafür nicht aus.
Unser VW-Bus ist ja schon seit vielen Jahren praxiserprobt, allerdings ist er etwas zu klein, wenn man zu zweit ist und nicht nur Ferien macht. Dann muss man sich immer für eine Sache entscheiden, die dann beide machen. Also Arbeiten und Teekochen gleichzeitig ist schwierig. Deshalb bauen wir jetzt einen grösseren Bus aus, in dem Funktionsbereiche separiert werden können. Das wird ein Camper, der genau auf unsere Zwecke ausgerichtet ist. Der Bus sollte ausserdem ein reines Elektroauto sein – wir können nicht mit Yoga nachhaltiges Leben propagieren und dann selbst fröhlich durch die Gegend dieseln. Wenn der Bus fertig ist, müssen wir ausprobieren, wie es am besten funktioniert – punktuell Destinationen aufsuchen oder langsam reisen. Ich würde gerne sehr langsam reisen, während Bärbel am liebsten direkt ans Meer fährt, um dort zu bleiben.
Arbeiten ohne Team
Ich vermisse schon gelegentlich die Arbeit mit anderen, vor allem mit Jungen. Es macht Spass, voneinander zu lernen, und das bringt mich dann auch immer weiter. Wenn ich aber jetzt die absolute Freiheit reflektiere, dann kann ich mir nichts Schöneres vorstellen.
Das Buskonzept
Geplant ist ein Camper auf Basis eines (gebrauchten) Crafter-Kastenwagens mit einer Umrüstung auf Elektro mit 75 kWH und ca. 200 km Reichweite; 600 WP-Solarzellen sollen für zusätzliche Autarkie sorgen. Die Steuerung des mobilen «Smart Homes» für Heizung, Warmwasser, Licht, Überwachung etc. wird mit Apple Home-Kit und Hoobs realisiert. Innen wird mit Filz für bessere Akustik bei Tonaufnahmen gedämmt.
Im Bus sind verschiedene Funktionsbereiche vorgesehen: Schlafplätze für 2 Personen über 185 cm, Essen, Kochen, zusätzlich grosszügige Arbeitsflächen und Platz für Yoga. Dazu soll Stauraum für Sportgeräte und Technik vorhanden sein.
Die technische Ausstattung umfasst Mac-Laptops, WLAN-Router mit Aussenantenne auf dem Dach. LTE-Geschwindigkeit reicht aus, da die Upload-Geschwindigkeit für Videos ohnehin oft serverseitig begrenzt ist. Die Datensicherung erfolgt auf einer Sammlung von 2.5" SSD-Platten und ein paar HDDs als zusätzliches Backup. Gefilmt wird mit dem iPhone 12 Pro. Der Ton wird voraufgenommen mit Rhode NT1 oder Yeti von Blue, live mit Rhode Ansteckmikros.
Weitere Tools sind LED-Licht, Manfrotto-Stative und eine Unterlegplatte für Yoga in unebenem Gelände.