Sei es im Gesundheitswesen, im Verkauf, auf Baustellen, in der Industrie oder auch im Gastgewerbe: Seit Jahrzehnten sind Grenzgänger im Schweizer Arbeitsmarkt und für die Wirtschaft unentbehrlich. Sie tragen massgeblich dazu bei, dass der Fachkräftemangel in der Schweiz weniger stark ausgeprägt ist: 380000 oder rund 7% aller Erwerbstätigen in der Schweiz sind Grenzgängerinnen. Mehr als die Hälfte stammt aus Frankreich, darauf folgen Italien, Deutschland, Österreich und die übrigen Länder (siehe Grafik).
Doch auch Grenzgänger können aufgrund von Firmenschliessungen oder Konkursen von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Was müssen sie unternehmen, wenn dies eintrifft, und wer ist für die Arbeitslosenentschädigung zuständig?
Beiträge hier, Leistungen dort
Gesetzliche Verordnungen, die sich auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU stützen, koordinieren die Sozialversicherungssysteme in der EU und EFTA.[1]
Grenzgängerinnen innerhalb der EU/EFTA sind grundsätzlich in dem Staat sozialversichert, in dem sie arbeiten. Dies gilt auch für die Arbeitslosenversicherung. Sie sind bei der Schweizerischen Arbeitslosenversicherung (ALV) angeschlossen, und die Arbeitgebenden ziehen ihnen – wie bei in der Schweiz wohnhaften Beschäftigten – die Beiträge vom Gehalt ab.
Für arbeitslos gewordene Grenzgänger gilt jedoch das sogenannte Wohnortsprinzip. Das Arbeitslosengeld wird also von ihrem jeweiligen Wohnsitzstaat ausgezahlt, obwohl die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung in der Schweiz gehen. Die Leistungen richten sich stets nach den gesetzlichen Richtlinien des Wohnorts.
Was muss bei der Anmeldung beachtet werden?
Für die Anmeldung bei der zuständigen Arbeitsagentur im Wohnsitzland werden das europaweit standardisierte Formular PD U1 (portable document unemployed 1) und die «Arbeitgeberbescheinigung International» benötigt. Beide Formulare stehen auf der Website arbeit.swiss zur Verfügung. Das Formular PD U1 muss durch die Person, die arbeitslos geworden ist, ausgefüllt werden und die «Arbeitgeberbescheinigung International» vom Arbeitgebenden. Beide Formulare müssen an die Arbeitslosenkasse des bisherigen Arbeitgeberkantons retourniert werden.
Dabei ist wichtig, dass die Arbeitgeberbescheinigung so rasch wie möglich ausgefüllt wird, damit die Arbeitslosenkasse das PD U1 ausstellen und schnell an die ausländische Arbeitsagentur übermitteln kann. Diese kann erst dann die Arbeitslosentaggelder berechnen und an die versicherte Person auszahlen, wenn das Formular vorliegt.
Erneute Stellensuche in der Schweiz
Natürlich können arbeitslose Grenzgängerinnen – ebenso wie andere Personen aus dem EU/EFTA-Raum, die sich für eine Stelle jenseits der Landesgrenze interessieren – wieder eine Stelle in der Schweiz suchen. Es stehen ihnen die gleichen Möglichkeiten offen wie Arbeitssuchenden, die in der Schweiz wohnen. Sofern Grenzgänger bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit in der Schweiz gearbeitet haben, profitieren sie von einer weiteren Möglichkeit: Neben der obligatorischen Anmeldung bei der Arbeitsagentur im Wohnsitzstaat können sie sich zusätzlich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) des letzten Beschäftigungskantons für die Unterstützung bei der Stellensuche anmelden. Die Arbeitslosentaggelder erhält die arbeitslose Person aber nach den Rechtsvorschriften ihres Wohnsitzstaats. Auch allfällige Weiterbildungs- oder Qualifizierungsmassnahmen (Arbeitsmarktliche Massnahmen [AMM]) sind Sache der Arbeitslosenversicherung des Wohnsitzstaats.
Was wird für die Anmeldung beim RAV benötigt?
Für die Anmeldung zur Stellensuche beim RAV benötigen Grenzgängerinnen ihre Grenzgängerbewilligung sowie eine Anmeldebestätigung der Arbeitsagentur ihres Wohnsitzstaats. Der Anmeldeprozess kann sich kantonal unterscheiden. Die jeweiligen RAV geben über die notwendigen Schritte gerne Auskunft.
Unterstützung vom RAV
Grenzgänger, die sich zur Stellensuche beim RAV anmelden, erhalten eine Personalberaterin oder einen Personalberater zugeteilt. Sie profitieren von einer auf die Stellensuche in der Schweiz fokussierten, individuellen arbeitsmarktlichen Beratung. Diese beinhaltet grundsätzlich dieselben Dienstleistungen, die auch für die in der Schweiz wohnhaften arbeitslosen Personen zur Verfügung stehen. Unterstützung bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen, berufliche Standortbestimmung, Bewerbungsstrategien, Stellenvermittlung sowie Zugang zur Stellenplattform Job-Room sind einige dieser Angebote.
Was können Arbeitgebende tun?
Es ist wichtig, dass Grenzgängerinnen bei Eintritt der Arbeitslosigkeit so rasch wie möglich zu den Versicherungsleistungen im Wohnsitzland kommen. Deshalb ist es wichtig, dass die Arbeitgebenden in der Schweiz die «Arbeitgeberbescheinigung International» so rasch wie möglich ausfüllen und der versicherten Person zukommen lassen. Selbstverständlich sind auch eine rasche Erstellung eines Arbeitszeugnisses und die Bereitschaft zur Referenzerteilung für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sehr hilfreich.
[1] Verordnung (EG) Nr. 987/2009 und Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009.
Take Aways
- Rund 7% der Erwerbstätigen in der Schweiz sind Grenzgängerinnen. Gemäss dem Erwerbsortsprinzip bezahlen sie in der Schweiz Sozialversicherungsbeiträge.
- Werden Grenzgänger arbeitslos, bekommen sie hingegen Arbeitslosentaggelder von ihrem Wohnsitzland.
- Bei der Arbeitssuche werden Grenzgängerinnen auf Wunsch sowohl von der entsprechenden Stelle im Wohnland als auch vom RAV in der Schweiz unterstützt.
- Arbeitgebende sind in den Anmeldeprozess involviert. Sie sind aufgefordert, so rasch wie möglich die «Arbeitgeberbescheinigung international» auszufüllen.